Sollten die Intensivzahlen weiter steigen, sind für den Grünen-Chef weitere Maßnahmen möglich, die zwischen Geimpften und Ungeimpften differenzieren müssten. Epidemiologin Schernhammer rechnet mit baldigen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen.
Bei einer stark zunehmenden Auslastung der Intensivbetten sind in Österreich zusätzliche Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Corona-Welle möglich. Das sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz in Wien, einen Tag nach in Kraft getretenen Verschärfungen der Maßnahmen. Klar sei, dass "wenn weitere Schritte stattfinden, dass eine Differenzierung zwischen Geimpften und Ungeimpften stattfinden wird", erläuterte der Grünen-Chef.
"Hauptziel ist, die Freiheit der Geimpften zu schützen, aber gleichzeitig auch das Gesundheitssystem", betonte Kogler. Ein weiterer Schritt könnte sein, bei den Tests die Zeit der Gültigkeit zu verkürzen und zweitens viel stärker auf die PCR-Methode zu setzen, "weil da die höhere Verlässlichkeit liegt". Zudem betonte er die Wichtigkeit, dass die Einhaltung der verordneten "Regeln wieder verstärkt kontrolliert" wird.
"Impfverantwortung“ statt Impfpflicht
"Der Drei-Stufen-Plan steht", sagte Kogler zu den in der Vorwoche präsentierten Maßnahmen, von denen die erste Stufe am (gestrigen) Mittwoch umgesetzt wurde. Es gebe jedoch wöchentliche Expertenrunden und es werde beobachtet, wie das Gesundheitssystem belastet werde. Das Gesundheitsministerium, die Regierung und der Verfassungsdienst würden an weiteren Plänen arbeiten.
"Impfen wird ein großer Schlüssel sein", betonte der Vizekanzler. "Wenn Ungeimpfte ungeschützt auf Ungeimpfte treffen, dann fällt uns das auf die Decken", sagte er. Statt einer Impfpflicht wäre "Impfverantwortung" gut. Er sehe, "dass bestimmte Gruppen auf Verunsicherungskampagnen setzen" und appellierte diesbezüglich auch an im Nationalrat vertretene Parteien. "Das Virus unterscheidet vieles nicht, aber es unterscheidet zumindest zwischen Geimpften und Ungeimpften", erläuterte Kogler.
Doskozil: Masken-Regelungen „teilweise skurril"
Kritik an der Bundesregierung übte am Donnerstag der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). So hält er etwa die derzeitigen Regelungen bei der Maskenpflicht für "teilweise skurril", dabei fehle jeder Hausverstand, meinte der Landesparteichef am Rande einer Pressekonferenz. Er lehnt es ab, dass sozialer Druck auf jene ausgeübt wird und etwa angedroht werde, Impfverweigerern das Arbeitslosengeld zu streichen: "Das ist komplett verfehlt und zeigt die Hilflosigkeit."
Einschränkungen zu verhängen, sei das einfachste. Doskozil pochte hingegen auf positive Anreize und verwies auf die kürzlich vorgestellte Impf-Lotterie im Burgenland. Das Bundesland werde die angestrebte Impfquote von 80 Prozent bei der impfbaren Bevölkerung erreichen, zeigte er sich überzeugt und forderte, dass auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) alles unternimmt, um die Impfquote österreichweit zu heben. Stattdessen spreche dieser aber lediglich von Einschränkungen, kritisierte der Landeshauptmann. Wenn die 80 Prozent Quote im Burgenland erreicht ist, will Doskozil jedenfalls mit der Bundesregierung über Lockerungen im Bundesland sprechen.
Maßnahmen für Ärztekammer „nicht mehr überschaubar"
Kritik kam auch von der Ärztekammer. "Nicht mehr überschaubare Maßnahmen, die überstürzt, teilweise zu kurzfristig, dafür aber nicht nachhaltig, teilweise mit zu langem Abstand bis zum Inkrafttreten, auf jeden Fall aber chaotisch und nicht nachvollziehbar getroffen werden, werden nicht den gewünschten Rückhalt in der Bevölkerung finden", bemängelte Vizepräsident Harald Mayer: "Kurz: Man kennt sich einfach nicht mehr aus, was jetzt genau wo gilt. Wenn man Regelungen dreimal lesen muss, sind sie einfach schlecht formuliert."
Epidemiologin: „Zeitpunkt für Verschärfungen kommt"
Für die Epidemiologin Eva Schernhammer von der MedUni Wien wiederum ist der Maßnahmenkatalog der Regierung „sehr wohl durchdacht“.
Auf die Frage, ob weitere Maßnahmen drohen, sagte sie am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" allerdings: „Der Zeitpunkt kommt mit Eilesschritten auf uns zu.“ Grund dafür seien die stagnierende Durchimpfungsrate und die Auslastung auf den Intensivstationen: "Der Zeitpunkt für einschneidendere Maßnahmen kommt, denn es bewegt sich fast nichts. Die Impfraten bleiben stagnierend bei 60 Prozent und wir bräuchten deutlich mehr Fortschritt", so Schernhammer, die als Zeitpunkt für ebendiese Verschärfungen „Ende September“ nannte.
Sie dürften aber insbesondere Ungeimpfte betreffen, bezog sich die Epidemiologin auf die im Raum stehende 1-G-Regel: "Man muss diese Regel gar nicht so offen aussprechen. Es wird stattfinden, dass Ungeimpfte bestimmte Dinge nicht tun werden dürfen."
(APA/red)