Energie: Polen droht ein Gas-Engpass

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P(c) EPA (Miroslaw Trembecki)
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Fabriken könnten bereits dieser Tage betroffen sein. Schuld daran sind langwierige Verhandlungen zwischen Warschau und Moskau. Auch nach mehreren Zusatzrunden ist kein Durchbruch erzielt worden.

Beim staatlichen polnischen Gasversorger PGNiG liegen die Nerven blank. Wenn es nicht sofort einen neuen Gasvertrag mit Russland gäbe, müsse die Versorgung von Fabriken bereits ab Mitte dieser Woche eingeschränkt werden, alarmierte die Versorgerfirma dieser Tage.

Schuld daran sind langwierige Verhandlungen zwischen Warschau und Moskau. Auch nach mehreren Zusatzrunden ist kein Durchbruch erzielt worden. Zwar soll es laut Regierungsangaben seit Sonntag einen Vertragstext geben, doch unterschrieben haben ihn bisher weder die Polen noch die Russen. Polen hatte sich mit dem halbstaatlichen russischen Gasmonopolisten Gazprom im April auf eine Ausweitung des bisherigen Liefervertrags geeinigt. Demnach sollte Gazprom statt bisher 7,4 künftig 10,3 Mrd. Kubikmeter Erdgas liefern – und dies bis ins Jahr 2037.

Die von der rechten Opposition als „Knechtungsvertrag“ kritisierte Vereinbarung zementiert Polens Abhängigkeit von Russland – trotz des geplanten Baus eines Flüssiggasterminals in Swinoujscie (Swinemünde) – für weitere Jahrzehnte. Der Vertragsentwurf hat die EU in Alarmbereitschaft versetzt. Brüssel stören die Transitvereinbarungen. Sie garantieren Gazprom für 27 Jahre lukrative Sondertarife sowie die weitgehende Kontrolle über die Jamal-Pipeline, die durch Weißrussland und Polen nach Deutschland führt. Die EU fordert den gleichberechtigten Zugang Dritter zur Pipeline.

Moskau gibt den Schwarzen Peter ab

In Warschau ist man überzeugt, dass Brüssel bei Gasprojekten anderer Staaten – etwa bei der Ostsee-Pipeline – beide Augen zudrückt, von Polen aber besonders konsequent die Einhaltung aller EU-Richtlinien fordert. „Der Vertrag mit Russland ist im Interesse Polens und seiner Bürger“, gibt sich Polens Ministerpräsident Donald Tusk trotzig. Doch Brüssel hat inzwischen seine Beobachter zu den Nachverhandlungen nach Moskau entsandt. Gazprom-Exportchef Aleksandr Medwedew stellte eine Vertragsunterzeichnung im Oktober in Aussicht.

Den Schwarzen Peter schiebt Gazprom Polen zu. Warschau nähme es mit den EU-Regeln besonders genau, kritisierte er. In der russischen Presse heißt es dazu lapidar: „Wir sind nicht in der EU. Wir haben unsere eigenen Regeln.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2010)

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