Theater-Kritik

Josefstadt: „Die Stadt der Blinden“ lässt uns wieder sehen

Die fürsorgliche Sehende unter den Blinden: Sandra Cervik, hinter ihr Marlene Hauser.
Die fürsorgliche Sehende unter den Blinden: Sandra Cervik, hinter ihr Marlene Hauser. [ Moritz Schell/Theater i. d. Josefstadt ]
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In der Josefstadt wurde die Dramatisierung eines Romans von José Saramago uraufgeführt. Die Inszenierung von Stephanie Mohr reißt vor allem mit, wenn Anarchie aufkommt.

Beinahe zwei Stunden haben sich sechs Schauspieler und vier Schauspielerinnen zumeist tastend, misstrauisch und auch voller Angst auf der Bühne bewegt, die inzwischen mit Hindernissen verstellt wurde. Aneinandergeklammert, wirkten sie manchmal wie eine Charade zu „Der Blindensturz“, dem Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren. Jetzt aber hat sich die Protagonistin von der Gruppe gelöst. Allein an der Rampe schaut sie anklagend nach oben. Sie klingt wie Hiob, wenn sie sagt, „dass Gott es nicht verdient hat zu sehen“. Das ist ein bedrückender und zugleich befreiender Moment, denn zuvor sind all diese Menschen durch die Hölle gegangen.

Sandra Cervik spielt im Theater in der Josefstadt eine Heldin, voll Engagement und genau. Sie ist die Einzige, die immer sehen kann. Alle anderen sind bald nach dem Beginn erblindet. Fast zerbricht sie am Elend und der Niedertracht, deren Augenzeuge sie wurde. Sie sieht aber auch das Rettende.

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