Weiterbildung

Mehr online, aber keine „Show“

Online-Kurse bieten zeitliche und räumliche Flexibilität, gefragter sind aber Hybrid-Konzepte.
Online-Kurse bieten zeitliche und räumliche Flexibilität, gefragter sind aber Hybrid-Konzepte.Getty Images/iStockphoto
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Corona hat auch den Ablauf von Aus- und Weiterbildung geprägt. Was sich Führungskräfte und Angestellte in Zukunft erwarten, und wie große Anbieter darauf reagieren.

Der durch Corona erzwungene Online-Boom hat auch die Weiterbildungspraxis verändert. Die neu erworbenen digitalen Fähigkeiten künftig wieder mit Präsenzunterricht zu verbinden, scheint insbesondere für Unternehmen ein Modell zu sein, das das Beste zweier Welten vereint. Für Weiterbildungsinstitute wird es daher zunehmend eine Notwendigkeit, Blended Learning anzubieten – also die Kombination von Präsenzphasen und Online-Lerneinheiten. Dieser Befund ergibt sich aus dem jüngst präsentierten „Wifi Weiterbildungsbarometer 2021“ – einer von Imas im Auftrag der WKO durchgeführten repräsentativen Umfrage unter Arbeitgebern und Arbeitnehmern. „Sowohl die Unternehmer als auch die Mitarbeiter schätzen, dass es zu einem Mix der Lernkanäle kommen wird. Wir gehen davon aus, dass Blended Learning das gefragteste Modell sein wird“, sagt Imas-Research Direktor Paul Eiselsberg.

Bedarf an digitaler Kompetenz

Generell zeige die Studie im Management ein „Comeback der Zuversicht“. Drei von vier Unternehmern sehen optimistisch auf die kommenden Monate – um 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Neun von zehn Führungskräften halten es allerdings für wichtig, dass ihre Mitarbeiter sich durch Fortbildungen auf dem Laufenden halten.

Auf die Frage, welche Kompetenzen durch die Coronapandemie an Bedeutung gewonnen hätten, setzten die 300 befragten Unternehmer „Digitale Kompetenzen“ an die erste Stelle (neben „Organisationstalent“), was die stärkste Steigerung einer Kategorie seit dem Vorjahr bedeutet. 62 Prozent der Führungskräfte gehen zudem davon aus, dass ihre Mitarbeiter zur Weiterbildung digitale Lernplattformen nutzen würden. Für Weiterbildungsinstitute bedeutet dies, künftig ihren Lehrenden vermehrt Blended-Learning-Methodik abzuverlangen und ihre Kursformate an die neuen Bedürfnisse von Unternehmenskunden anzupassen. „Bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung wünschen sich Unternehmen große Flexibilität hinsichtlich Kursformat- und zeit – bei hoher Qualität und praktischer Relevanz“, sagt Wifi-Österreich-Institutsleiterin Tatjana Baborek.

Video aus der Werkstätte

Man reagiere auf diesen Bedarf durch unterschiedliche Unterrichtsformate, etwa Praxiseinheiten in Werkstätten, die von Videos oder digitalen Lernstrecken begleitet würden. „Ein Teil der Lerngruppe ist in Präsenz im Wifi und einzelne Lernende können sich online zum Kurs dazuschalten.“

Auch beim BFI Wien ist laut Geschäftsführer Franz-Josef Lackinger seit einigen Jahren eine stark wachsende Nachfrage nach Blended Learning spürbar. Corona habe diesen Trend verstärkt. Die Umstellung, die dies für Lehrende und Lernende mit sich gebracht habe, habe man inzwischen gut bewältigt. „Wir können mittlerweile mit Fug und Recht sagen, für alle Lerntypen und Zielgruppen – selbst jene mit geringer Digitalaffinität oder Selbstlern-Motivation – passende Modelle zu haben. Die Bandbreite reicht von Lern-Apps, multimedialen Lernkartensystemen und Videolektionen über virtuelle Klassenzimmer und One-on-One-Sessions.

In hybriden Lernformaten – also Präsenzkurse mit Streaming-Möglichkeit – sieht Lackinger noch kein Massenphänomen. „In der Pandemie wurden diese Formate als „Notbehelf“ eingesetzt, damit Personen in Quarantäne am Unterricht in der Gruppe teilnehmen konnten.“ Laut Lackinger stellen diese Lernformate sehr hohe Anforderungen an die Trainer – sowohl technisch, als auch was „schauspielerische Qualitäten“ anbelangt. „Durch YouTube und Co. ist die Erwartungshaltung der Kunden an Aufbereitung, Dramaturgie sehr hoch. Aber hervorragende Pädagogin heißt nicht automatisch Liveshow-erprobte Influencerin.“

Baborek bestätigt, dass hybride Lernformate für die Trainer eine Herausforderung darstellen. Schließlich wolle man online wie offline dasselbe Lernerlebnis sicherstellen. Das Wifi unterstützt seine Lehrenden daher technisch, organisatorisch und didaktisch bei der Planung und Umsetzung solcher Formate.

Schlüsselfertige Gesamtpakete

Laut Lackinger fragen Unternehmen mittlerweile fast in allen Bereichen digitale Lernangebote an, zunehmend in Form von All-inclusive-Paketen. „Wurden in der Vergangenheit einzelne Schulungen im Blended-Format nachgefragt, treten immer mehr Firmen mit dem Wunsch nach einem maßgeschneiderten Lernmanagement-System an uns heran. Dementsprechend liefern wir mittlerweile nicht nur Kurse, sondern bieten von der technischen Installation und dem Hosting des individuell anpassbaren Lernmanagement-Systems über die Schulung der Key-User bis zur Erstellung integrierter, professioneller E-Learning-Inhalte alles an.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2021)

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