Agiles Management

Visionen statt starrer Ziele

Agiles Management erleichtert es, auch in unübersichtlichen Situationen einen gangbaren Weg zum Ziel zu finden.
Agiles Management erleichtert es, auch in unübersichtlichen Situationen einen gangbaren Weg zum Ziel zu finden.Getty Images/iStockphoto
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Die Veränderungszyklen für Unternehmen werden immer kürzer, proaktives, antizipatives Handeln wird immer wichtiger – und Agilität zum Erfolgsgeheimnis.

Der digitale und globale Wandel, aber auch unvorhergesehene Ereignisse wie die Pandemie führen zu einer zunehmend technischen, internationalen und sozialen Komplexität der Arbeitswelt. „Die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen unterliegen im digitalen Zeitalter einer immer größeren Dynamik“, sagt Bettina Schauer-Frank, Leiterin des Lehrgangs Agiles Management auf dem Austrian Institute of Management (AIM) der FH Burgenland. Die sich in vielen Bereichen ausbreitende Vuca-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) sowie die Zunahme disruptiver Märkte und Geschäftsmodelle würden für erhöhten Innovationsdruck sorgen und daher Agilität, Flexibilität und Schnelligkeit erfordern. Starre, langfristige Pläne haben ausgedient. Führungskräfte müssen vielmehr versuchen, ihr Unternehmen antizipativ durch extrem volatile Zeiten zu dirigieren. Gleichzeitig müssen sie den Mut und die Flexibilität aufweisen, rasch zu reagieren, sollte sich der eingeschlagene Weg als Irrweg erweisen.

Adaptionsfähigkeit gefragt

„Entsprechend brauchen auch die Strukturen einer Organisation eine veränderte Adaptionsfähigkeit, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können“, sagt Schauer-Frank. Das gelte weiters für die Arbeits- und Führungskultur. „Es wird künftig eine zentrale Rolle spielen, wie Organisationen ihre Strukturen und Personalinstrumente sowie ihre Prozesse, Normen und Reifegradmodelle zur Beurteilung gestalten, so dass sie langfristig wettbewerbsfähig bleiben“, meint Schauer-Frank.

Agiles Management ist somit das Gebot der Stunde – und liegt im Trend: „65 Prozent der Führungskräfte sind überzeugt, dass in den nächsten drei Jahren ein agiler Stil verstärkt in ihren Unternehmen gefragt sein wird“, sagt Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein-Institut für Management und Leadership der WK Wien, unter Berufung auf einen diesbezüglichen Hernstein-Report.

Bernd Geisler, Unternehmensberater und Executive Coach beim Seminaranbieter Management Exzellenz, der wie AIM und das Hernstein-Institut Führungskräfte mit verschiedenen Bildungsangeboten agiler machen will, ergänzt: „In vielen Branchen und Unternehmensbereichen ist es schwieriger geworden, statische Pläne konsequent umzusetzen, da sich das Umfeld immer schneller verändert, und es wird zunehmend schwieriger, exakte Vorhersagen zu treffen.

Selbstorganisation gefragt

Agilität bedeutet in der Praxis Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen, Strukturen und Personen, um flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse oder neue Anforderungen eingehen zu können.“Konkret zeichne sich der agile Führungsstil durch variable Strukturen, flache Hierarchien und ein hohes Maß an Selbstorganisation sowie Autonomie der Mitarbeiter aus, was hingegen Vertrauen voraussetze, so die Experten. Agiles Management wiederum bedeute kürzere Planungsphasen, schnelleres Anpassen der Planung an sich ändernde Gegebenheiten und Anforderungen. Agilität ist aber nicht nur bei der Unternehmensentwicklung und im Management gefragt, sondern auch bei Projekten oder der Personalentwicklung. „Gerade in Transformationsprozessen können Führungskräfte dadurch handlungs- und entscheidungsfähig bleiben“, sagt Kreitmayer. Für Manager, die bisher den klassischen Führungsstil gepflegt haben, kann dies zur Herausforderung werden. „Agiles Denken bedeutet für klassisch sozialisierte Führungskräfte und Spezialisten, die stark von hierarchischem Denken geprägt sind, oftmals ein Um-die-Ecke-Denken“, beschreibt Geisler. Die große Herausforderung bei agilem Denken sei, dass es dabei nicht nur darum gehe, selbst intelligent zu sein, sondern die kollektive Intelligenz eines Teams zu nutzen.

Dienende Führung

„Da sind hierarchische Strukturen, in denen oftmals von oben hereinregiert wird, extrem hinderlich“, weiß Geisler, der betont, dass Leadership im agilen Kontext oft „Servant Leadership“, also dienende Führung, bedeute. „Eine der wichtigsten Führungsaufgaben dabei ist, Steine aus dem Weg zu räumen, damit sich die genannte kollektive Intelligenz entfalten kann“, präzisiert Geisler. Angesichts dessen sei Persönlichkeitsentwicklung vor allem in klassischen starren Hierarchien und bei den dortigen Mitarbeitern notwendig, ist Schauer-Frank überzeugt.

Web:www.aim.ac.at, www.hernstein.at, www.managementexzellenz.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2021)

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