ORF-"Pressestunde"

Schallenberg: Noch "einige Dutzend" Österreicher in Afghanistan

Außenminister Alexander Schallenberg
Außenminister Alexander SchallenbergAPA/AFP/JURE MAKOVEC
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Die internationale Gemeinschaft müsse "alles tun, damit Afghanistan sicherheitspolitisch nicht zu einem Schwarzen Loch wird“, sagt der österreichische Außenminister.

Laut Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) befinden sich noch "einige Dutzend" Österreicher in Afghanistan. Diese versuche man, nachdem die Evakuierungsflüge eingestellt sind, nun auf dem Landweg aus dem Land zu bringen, sagte Schallenberg am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Dazu habe das Außenministerium Krisenteams, die durch das Verteidigungs- und das Innenministerium verstärkt seien, in Pakistans Hauptstadt Islamabad und der iranischen Hauptstadt Teheran.

217 Österreicher seien seit der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban bisher aus Afghanistan herausgeholt worden, so Schallenberg. Eine genaue Zahl zu nennen, wie viele Österreicher sich noch in Afghanistan aufhalten, sei schwierig, weil sich diese Zahl täglich ändere. Die Bemühungen, Menschen auf dem Landweg aus Afghanistan zu holen, sei "natürlich mit einem Risiko verbunden", bisher sei man dabei aber "recht erfolgreich".

Nach der Machtübernahme durch die Taliban befürchtet Schallenberg, dass Kabul sowohl "zu einem sicheren Hafen und einer Brutstätte" als auch "zu einem Exporteur des internationalen Terrorismus und Extremismus" werden könnte. Deshalb müsse die internationale Gemeinschaft "alles tun, damit Afghanistan sicherheitspolitisch nicht zu einem Schwarzen Loch wird". Dies hätte "das Potenzial, die gesamte Region mitzureißen".

Runder Tisch geplant

Gemeinsam mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will Schallenberg daher einen Runden Tisch organisieren, zu dem die Nachbarstaaten Afghanistans sowie die großen Hilfsorganisationen, Unhcr, World Food Programm und Unicef und andere eingeladen werden sollen, "um gemeinsam zu schauen, wo können wir stabilisierend wirken, wo müssen wir helfen, wo müssen wir ansetzen?"

Zur Frage des Umgangs der Europäischen Union mit den Taliban unterstrich Schallenberg, Grundbedingungen dafür, eine Anerkennung der Taliban-Regierung in Betracht zu ziehen, seien deren "Respekt der Grund- und Freiheitsrechte, Respekt der Minderheitenrechte, insbesondere der Frauenrechte, humanitärer Zugang und eine inklusive Regierung". Derzeit deute jedoch alles darauf hin, dass der "Misstrauensvorschuss gegenüber den Taliban gerechtfertigt" ist, sagte Schallenberg. Er verwies unter anderem auf die von den Taliban präsentierte Regierungsmannschaft, die "alles andere als inklusiv" sei und deren Mitglieder "fast durchgehend auf den Terrorlisten der UNO und der EU stehen" sowie die Umbenennung des Frauenministeriums in ein Tugendministerium.

Im EU-internen Konflikt mit Ungarn und Polen wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken warnte Schallenberg vor einer "Zweiklassengesellschaft innerhalb der Europas". Gerade Österreich als "das Land, das am meisten von den Osterweiterung profitiert hat", habe ein "strategisches Interesse, dass dieser Kontinent zusammenwächst, dass es nie wieder eine Trennlinie gibt dort, wo der Eiserne Vorhang war". Aus seiner Sicht sei das Zusammenführungsprojekt Europas erst abgeschlossen, "wenn jeder Staat Ex-Jugoslawiens" Mitglied der EU ist, so der Außenminister.

Insgesamt sei der Zustand der EU "viel besser, als man glaubt", betonte Schallenberg und verwies unter anderem auf die EU-interne Solidarität in der Coronakrise wie die gemeinsame Impfstoffbeschaffung und den digitalen Grünen Pass. Der Außenminister bezeichnete die Europäische Union als "das großartigste Projekt, das man jemals in Europa übernommen hat".

(APA)

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