Morgenglosse

Rezo und das Glück der österreichischen Politik

Der 29-jährige Youtuber Rezo
Der 29-jährige Youtuber RezoScreenshot/Youtube
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Der 29-jährige Youtuber hat sein letztes „Zerstörungs“-Video zur Bundestagswahl online gestellt. Die österreichische Politik kann froh sein, dass er sich nur mit Deutschland beschäftigt.

„Imagine, wegen deinen Unwahrheiten ist ein Teenager getötet worden, du bist in die beiden größten Finanzskandale der letzten Jahrzehnte tief drinnen verwickelt, sagst einfach ‚Ich erinnere mich an nichts‘, willst möglich keine Dokumente veröffentlichen und könntest wahrscheinlich Bundeskanzler werden“.

Dieser atemraubende Satz stammt vom Youtuber Rezo und gilt dem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD), der in den Umfragen weiterhin führt. Das dazugehörige Video handelt über Korruption in der Politik, die den 29-Jährigen „obviously“ und „literally“ ziemlich „abfucked“. Und ja, es gibt Jugendliche, die so reden, nicht nur in Deutschland.

Was es allerdings nur in Deutschland gibt, ist eben Rezo: Blaue Haartolle, eigenartiger Sprachstil, zigtausende Fans. Der Mann aus dem Wuppertal – seinen echten Namen möchte er nicht in der Öffentlichkeit preisgeben – hat zur Bundestagswahl drei Videos zur „Zerstörung“ der deutschen Politik veröffentlicht, sie tragen die Namen „Inkompetenz“,  „Klima-Katastrophe“ und eben „Korruption“. Ein Video aus der martialisch klingenden „Zerstörungs“-Trilogie wurde fünf Millionen Mal angeklickt.

Nun kann man von Rezo halten, was man will. Zumindest die Jury des renommierten deutschen Henri-Nannen-Journalistenpreis hielt seine Videos, die er mit einer Vielzahl von Quellen versieht, im Jahr 2020 für preiswürdig. Klar ist jedenfalls, dass die deutsche Politik nicht sicher ist, wie sie auf diese Form der öffentlichen Auseinandersetzung reagieren soll. Als zur EU-Wahl 2019 das Rezo-Video „Die Zerstörung der CDU“ herauskam, überlegte die Union ihren damaligen Shootingstar Philipp Amthor antworten zu lassen. Dessen Replik geriet so daneben, dass sie nie gezeigt und im Giftschrank der Partei weggesperrt wurde. Jetzt taucht Amthors Name im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen im dritten der neuen Rezo-Videos auf.

Die österreichische Politik kann sich glücklich schätzen, dass es hierzulande keinen Youtuber gibt, der sich an ein ähnliches Machwerk gewagt hat. Denn Rezo ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Auch lässt sich fragen, ob es wirklich ein Gewinn für die politische Debattenkultur ist, immer gleich alles flott „zerstören“ zu wollen. Aber fest steht auch: Rezos Stil ist für die meisten Politiker verdammt schwer zu kontern.

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