Clemens Fabry

Sichuan-Küche: Ein Duft, der alles durchdringt

Mapo Tofu ist das Aushängeschild der Sichuan-Küche, die unter ihrem weltweiten Erfolg ächzt.

Von den kohlschwarzen Wänden des erhitzten Woks springt das Fett zischend in alle Richtungen. Die löffelgroße Menge Chili­paste in der Mitte vermengt sich durch schwungvolle Bewegungen aus dem Handgelenk mit dem Öl. Koch Jun Yuan hat Routine. Was da vor ihm am Herd köchelt, wird schließlich Mapo Tofu werden. Das Gericht ist das Aushängeschild für Sichuan, die Region im Südwesten Chinas, die mit ihrer Küche Touristen aus aller Welt anzieht. Nicht zuletzt befeuert durch die Entscheidung der Unesco, die Hauptstadt Chengdu 2010 zur ersten „Asian City of Gastronomy“ zu ernennen. Die Topografie der Provinz spielt ihren Köchen und Köchinnen in die Hände: In dem sattgrünen Tal mit etwas mehr Einwohnern als Deutschland herrscht mildes Klima, es gibt reichlich Niederschlag, die Landwirtschaft floriert. Diese Bedingungen haben Sichuan in China den Namen „tianfu zhi guo“ eingebracht, also „Schlaraffenland“, grob übersetzt. Gleichzeitig ist das Tal im Westen begrenzt vom tibetischen Plateau, im Osten folgt man dem Yangtze-Fluss, um ins Zentrum des Landes zu gelangen. Ebendieser Isolation mag es zu verdanken sein, dass die Sichuanküche sich so klar von anderen regionalen Küchen abhebt.

Koch Jun Yuan von der Feinen Sichuan Küche
Koch Jun Yuan von der Feinen Sichuan Küche(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)


Zurück am Herd bei Koch Jun Yuan in der „Feinen Sichuan Küche“ in der Wiener Kettenbrückengasse simmern bereits weiche Tofuwürfelchen und etwas Faschiertes in sämiger, rot-glänzender Sauce. Verfeinert wurde mit gemahlenem Chili, Ingwer und Knoblauch. „Mapo“ heißt übersetzt so viel wie pockennarbige alte Frau. Der Überlieferung zufolge habe eine solche heimkehrende Arbeiter auf der „Brücke der zehntausend Segen“ in Chengdu Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Tofugericht bekocht. Das Gericht hat seither in chinesischen Familien nichts an Popularität eingebüßt. Wenig überraschend, immerhin ist das Gericht wärmend-geschmacksintensives Soulfood: Der weiche Tofu zerfällt im Mund, das Fleisch hält sich zurück, trägt nur eine leichte Umami-Note bei, die Schärfe attackiert nicht, begleitet nur durchs Essen.

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