Quergeschrieben

Radical Chic als koketter Kniefall vor den Taliban

Wann nehmen Musliminnen in westlichen Demokratien aus Solidarität mit ihren unterdrückten Schwestern in islamistischen Staaten den Schleier ab?

Gut, die um Aufmerksamkeit heischende Multimilliardärin Kim Kardashian ist zwar eine lausige Schauspielerin, aber in Sachen Selbstvermarktung ausgesprochen talentiert. So war der schrillen Lady die mediale Aufmerksamkeit gewiss, als sie bei der Met Gala in New York in einer Art Luxusburka aus dem Hause Balenciaga auftrat. Auch wenn es sich bei diesem Ball um eine Spendenveranstaltung für das Kostümdepartment des Metropolitan Museum gehandelt hat und Verkleidungen aller Art daher quasi „part of the game“ sind, nahmen nur äußerst wohlmeinende Fans an, Kardashian habe sich bei der Wahl ihres schwarzen Ganzkörperpräservativs an Dementoren aus Harry Potters Zauberwelten orientiert. Tatsächlich wirkte ihr peinlich aufgemotzter Radical Chic wie ein koketter Kniefall vor den Taliban, die Afghanistans Frauen gerade ins finsterste Frühmittelalter zurückknebeln.

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Man muss die talibaneske Maskerade von Frau Kardashian nicht überbewerten; aber es ist schon so, wie „Presse“-Kollege Thomas Vieregge vor ein paar Tagen richtigerweise analysiert hat: „Es zeichnet sich ein Trend zur Verhüllung ab, wobei das, was in Afghanistan unter Repression eines radikal-islamischen Regimes geschieht, im Westen aus freien Stücken über die Bühne geht.“ Tatsächlich sieht man auch in Wien neuerdings wieder Grüppchen vor allem junger Frauen im Niqab. Was sagen die eigentlich zum lebensgefährlichen Befreiungskampf ihrer afghanischen (iranischen, saudiarabischen, pakistanischen) Schwestern, die nicht in einem Stoffgefängnis leben, die Welt nicht durch ein Rosshaargitter sehen wollen? Und wie schizophren muss man in progressiven Kreisen eigentlich sein, um Gendersterne zu schreiben, den glottalen Plosiv zu stottern, wildfremde Menschen zwecks fluider Geschlechteridentitäten nach ihrem bevorzugten Pronomen zu fragen, aber Kritik an einer deklariert frauenfeindlichen, homophoben Religion als rassistisch abzutun?

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