Korrespondenten-Briefing

Brüsseler Ethiknöte

European Agriculture Commissioner Phil Hogan delivers a speech during a meeting with a European businessmen delegation
European Agriculture Commissioner Phil Hogan delivers a speech during a meeting with a European businessmen delegationimago images/Agencia EFE
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Phil Hogan war einer der Lichtblicke in den Kommissionen Juncker und von der Leyen. Seine Überheblichkeit kostete ihn vorigen Sommer das Amt. Nun sorgt er mit problematischen Lobbyistenjobs für neue Negativschlagzeilen. Und wirft die Frage auf: wieso tut sich die Kommission mit ihren eigenen Ethikregeln so schwer?

„Höhenrausch": so lautet der Titel eines der besten politischen Bücher, das ich bisher gelesen habe. Jürgen Leinemann, ein früherer und leider seither verstorbener „Spiegel"-Korrespondent, beschreibt darin seine über Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen mit dem deutschen politischen Personal der der Bonner und der jungen Berliner Republik. Scharfsichtige Charakterstudien sind das, Sie sollten das lesen, wenn Sie mehr über Deutschlands Politik lernen wollen. Aber das Leitmotiv von Leinemanns Buch ist, wie sein Untertitel es auf den Punkt bringt, ein universelles, über Deutschland hinaus gehendes: „Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker“. Zu viele Politiker, befand der selbst jahrelang nach Alkohol süchtige Leinemann, hätten eine ungesunde Abhängigkeit von Macht und Aufmerksamkeit entwickelt, ein „selbstzerstörerisches Klammern an Ämtern und Privilegien“. Ein Phänomen, dem ich auch in meinen Jahren hier in Brüssel sehr oft begegne. Womit wir beim heutigen Thema des „Brüssel-Briefings“ wären.

Worüber Brüssel redet

Phil Hogan ist eigentlich ein umgänglicher Zeitgenosse. Drei Jahre denke ich, ist es her, dass ich zum letzten Mal in informellem Rahmen mit ihm beisammen war, bei einem Weihnachts- oder Neujahrsempfang in seinem Büro. Da war der lange Ire noch EU-Agrarkommissar, und wenn Sie nun glauben, wir hätten geschlemmt und gezecht, muss ich Sie enttäuschen: es gab Erdnüsschen und, für das knappe Dutzend anwesender Korrespondenten und Kabinettsmitarbeiter in Summe zwei Flaschen Rotwein. Auf einem Beistelltisch stand ein Hurling-Trophäe, der irische Nationalsport lag ihm sichtlich am Herzen. Und auch das Golfen. Das kostete ihn vorigen Sommer das Amt als EU-Handelskommissar. Hogan hatte, mitten in der ersten Welle der Pandemie, zuerst auf die irischen Ausgangsbeschränkungen gepfiffen, um an einem Promi-Golfen samt Galaessen teilnehmen zu können, und danach zweitens darüber geschwindelt. Nach einigem Zögern machte Präsidentin Ursula von der Leyen ihm klar, dass er unhaltbar geworden war.

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