Kurz-Rückkehr der Audimaxisten: Party statt Debatten

 Jubilaeumsparty
Jubilaeumsparty(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Die Studenten haben bewiesen, dass sie noch immer gut organisiert sind. Am Mittwoch beendete die Polizei den Protest,Uni-Ministerin Karl zeigt sich über die Auflösung erfreut und will weiter für Mittel kämpfen.

Wien. Ein DJ beschallt das Audimax mit lauter Musik, in einer eiligst eingerichteten „Volxküche“ wird bereits Couscous mit Gemüse serviert, und in einem Nebenraum reaktiviert ein kleines Team die altbekannten Arbeitsgruppen – von der „AG Flyer“ bis zur „AG Mobilisierung“: Die Besetzung des größten Hörsaals der Uni Wien in der Nacht auf Mittwoch schloss nahtlos an die Ereignisse des Vorjahres an. Mehrere hundert Studierende verwandelten das Audimax in genau jene Zone des Widerstands, die der Saal im Vorjahr mehr als 60 Tage lang war. In einer logistischen Meisterleistung war nach wenigen Stunden von Plakaten bis zu Unmengen an Bier und Nahrungsmitteln alles geliefert, ein Live-Stream wurde eingerichtet.

Ausgangspunkt waren ein Protestmarsch zum Kanzleramt und Vollversammlungen an den Unis gewesen, die diesmal sogar die Rektoren mittrugen. Gemeinsam wollte man friedlich gegen die angekündigten Budgetkürzungen demonstrieren – bis einige zum Audimax aufbrachen. Alles ganz ähnlich wie im Vorjahr, das zeigt ein kurzer Blick zurück: Auch damals war eine Demonstration gegen die Bildungspolitik der Regierung Anlass für die spontan und dezentral via Internet organisierte Besetzung.

Hobby-Artisten und „Schaulustige“

Der gravierende Unterschied: Während damals bis 2000 Studierende in aufgeheizter Stimmung ideologische Debatte führten und linke Gruppen die Revolution beschworen, glich der gestrige Protest einer harmlosen Party, mit der quasi das Ein-Jahr-Jubiläum der Besetzung in gut vertrauter Atmosphäre begangen werden sollte. Jene, die sich für die Arbeitsgruppen interessierten, blieben in der Minderzahl. Die meisten tratschten in kleinen Gruppen, auf der Bühne präsentierteein Hobby-Artistenpärchen sein Können, im Vorhof jonglierte einer mit brennenden Fackeln. Irgendwann wurde getanzt. Zu sehen waren überraschend viele ganz junge Gesichter. So mancher Erstsemestrige, der die Proteste 2009 nicht miterlebt hatte, schien als Schaulustiger gekommen zu sein. „Meine Freunde haben mir erzählt, wie toll es im Vorjahr war“, sagt auch die 20-jährige Teresa. „Also bin ich jetzt hier.“

Die zwölf Verbliebenen, die den Widerstand in der Früh aufrechterhalten wollten, wurden von der Polizei im Auftrag des Rektorats denn auch ohne Aufsehen aus einer bereits angelaufenen Jus-Vorlesung „eskortiert“. Für Aufregung sorgte nur das Vorgehen der Polizei gegen 50 Studenten, die sich am Morgen zu einer Demo auf dem Ring versammelten. Diese seien von den Beamten „eingekesselt“ worden, kritisieren die Grünen.

Uni-Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) zeigte sich am Mittwoch erfreut, dass das Audimax „wieder geräumt ist und wieder Vorlesungen stattfinden“. Was sie gegen eine Wiederaufnahme der Proteste wie im Vorjahr unternehmen will? „Mein Signal ist: Ich kämpfe weiter für mehr Mittel. Die Budgetverhandlungen laufen“, so Karl im „Presse“-Gespräch. Sie sei „positiv gestimmt“, dass bei der Regierungsklausur am Freitag und Samstag „entsprechende Signale kommen“. Außer mehr öffentlicher Mittel brauche es die stärkere Beteiligung der Wirtschaft – und Studienbeiträge. Ob pro Lehrveranstaltung gezahlt werden solle oder erst nach Studienabschluss, wenn Absolventen verdienen, sei noch „Verhandlungssache“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.