Der deutsche Wahlkampf bescherte den Meinungsforschern einen neuen Aufmerksamkeitsrekord. Aber ihre Zunft lag schon öfter daneben – Stichwort Brexit. Wie verlässlich die Umfragen sind und wie sie den Wahlkampf prägten.
Berlin. Wer verstehen will, warum Meinungsforscher in der Nacht auf Sonntag vielleicht schlechter schlafen als sonst, muss nur ein paar Monate zurückblicken. Am 4. Juni 2021, zwei Tage vor der Landtagswahl im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt: Das nicht völlig unumstrittene Institut Insa publizierte eine letzte Umfrage für die „Bild“-Zeitung. Darin stürzte die CDU auf 27 Prozent ab. 48 Stunden später war klar, dass es ein schlechter Abend für die Meinungsforscher werden würde: 37,1 Prozent hatten die CDU gewählt.
Wenn nach der Bundestagswahl am Sonntag die Ergebnisse verkündet werden, werden schnell die Umfrageinstitute in den Fokus rücken. Dann werden die Ergebnisse verglichen mit den Ergebnissen der Umfragen. Denn eines steht schon jetzt fest: Nie zuvor wurden in Deutschland mehr Umfragen und Berichte über Umfragen publiziert wie in diesem Jahr, sagt der renommierte Wahlforscher Frank Brettschneider zur „Presse“. Den Trend gibt es zwar schon länger: In den vergangenen vierzig Jahren habe sich die Zahl solcher Nachrichtenmeldungen verzehnfacht. Aber das knappe Rennen in diesem Jahr bescherte den Meinungsforschern noch mehr Aufmerksamkeit als sonst.