China

Evergrande lässt Zahlungsfrist verstreichen

APA/AFP/NOEL CELIS
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Die Sorgen vor einem Zusammenbruch des chinesischen Immobilienkonzerns ebben nicht ab. Insidern zufolge wurden bereits Vorbereitungen für einen möglichen Kollaps Evergrandes getroffen.

Der mit insgesamt 305 Milliarden Dollar verschuldete Immobilienkonzern Evergrande hat Schwierigkeiten, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Das Unternehmen ließ die Frist für eine 83,5 Millionen Dollar Zinszahlung eines Dollar-Bonds kommentarlos verstreichen. In der kommenden Woche werden weitere 47,5 Millionen Dollar einer anderen Anleihe fällig. "Es gibt keinen Präzedenzfall in der Größe von Evergrande", sagte Howe Chung Wan, Anleihe-Chef beim Vermögensverwalter Principal Global. "Wir müssen abwarten, wie sich die Sache in den nächsten Tagen entwickelt.“ Experten fürchten bei einem Kollaps des Immo-Giganten schwerwiegende Folgen für das chinesische Finanzsystem. Auch Auswirkungen in anderen Ländern halten manche für möglich.

Evergrande hatte eigentlich angekündigt, Zinsen in Höhe von 83,5 Millionen Dollar für eine Übersee-Anleihe ausschütten zu wollen. Die Inhaber der Anleihe hätten aber weder das Geld noch eine Nachricht des Unternehmens erhalten, sagten zwei mit der Sache vertraute Personen zu Reuters. Unklarheit herrschte auch über Zinszahlungen von 47,5 Millionen Dollar, die in den kommenden Tagen fällig werden. Für Evergrande beginnt nun eine 30-tägige Nachfrist, nach der der Konzern offiziell in Verzug geraten würde. Zinsen für einen heimischen Bond hatte Evergrande zuletzt bedient. "Die Regierung in Peking denkt sich wohl, dass sie Gläubiger aus dem Ausland anders behandeln kann", sagte Karl Clowry, Partner beim Brokerhaus Addleshaw Goddard.

Die chinesische Zentralbank pumpte erneut Geld in das Bankensystem, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Von Seiten der Regierung kam aber bisher nichts Offizielles zu möglichen Staatshilfen. Das "Wall Street Journal" hatte unter Berufung auf Insider berichtet, Behörden in Peking hätten Lokalregierungen darum gebeten, Vorbereitungen für einen möglichen Zusammenbruch Evergrandes zu treffen. "Die Regierung in Peking wird wohl versuchen, größere Verwerfungen zu verhindern und vor allem die Verluste der chinesischen Bevölkerung in Grenzen zu halten", erklärte LBBW-Analyst Frank Klumpp. Evergrande hat Finanzberater engagiert, die eine Restrukturierung ausarbeiten sollen.

Europäische Banken zeigen begrenztes Engagement

EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht durch die Krise beim hoch verschuldeten Immobilienkonzern keine großen Folgen für das europäische Finanzsystem. Die Probleme seien derzeit auf China zentriert, sagte Lagarde in einem am Freitag veröffentlichten Interview des TV-Senders CNBC. "Für Europa kann ich sagen, dass das direkte Engagement begrenzt ist." Die Europäische Zentralbank (EZB) schaue sich die Situation aber an und beobachte sie, sagte Lagarde. "Die Finanzmärkte sind miteinander verbunden und ich habe sehr lebhafte Erinnerungen an die jüngsten Börsenentwicklungen in China, die sich auf die ganze Welt auswirkten."

Der Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Jerome Powell, hatte zuletzt erklärt, mögliche Auswirkungen auf US-Unternehmen durch die Schuldenprobleme von Evergrande seien begrenzt. Dagegen warnte die Schweizer Notenbank SNB davor, die Situation zu verharmlosen und es als lokales Problem in China zu betrachten.

(red./Reuters)

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