Die richterliche Beschuldigtenvernehmung des Kanzlers war emotional. Kurz wurde mehrfach zur Contenance aufgerufen, der entschuldigte sich für sein Verhalten. Der Oberstaatsanwalt der WKStA wollte Fragen stellen, die Wogen gingen hoch, und Kurz zog sich auf sein Recht zu Schweigen zurück.
Knapp sechs Stunden dauerte die Beschuldigteneinvernahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz vor Richter Stephan Faulhammer am 3. September 2021. Damit es nicht wieder zu Missverständnissen oder Interpretationsspielräumen kommt, wurden die Aussagen des Kanzlers Wort für Wort niedergeschrieben. Das 151-seitige Schriftstück, das der „Presse“ vorliegt, ist ein Protokoll von Wortklauberei, Interpretations- und Erklärungsversuchen, Respektlosigkeiten gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht - und Entschuldigungen dafür seitens des Kanzlers.
Kurz wird seit einigen Monaten von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Beschuldigter wegen des Verdachts der Falschaussage im U-Ausschuss geführt. Auf das Delikt stehen theoretisch drei Jahre Haft. Normalerweise führt die WKStA die Beschuldigtenbefragungen selbst durch - allerdings war das Klima zwischen der Behörde und dem Kanzler die vergangenen Monate durch heftige Konflikte geprägt. Kurz Anwalt Werner Suppan beantragte (auch) darum, dass die Befragung durch einen Richter stattfinden solle. Dem wurde per Weisung des Justizministeriums stattgegeben. Gregor Adamovic, ein Vertreter der WKStA, war aber bei der Befragung Anfang September anwesend. Offenbar schon eine Provokation für den Kanzler, der immer wieder Spitzen in seine Richtung fallen ließ - und schließlich auch vom Richter dafür gerügt wurde. Kurz entschuldigte sich mehrfach für Emotionalitäten. Faulhammer wurde übrigens erst im März als Richter angelobt, schaffte aber durchaus souverän, die Emotionen der Anwesenden zu moderieren und Ordnung in die teils hitzigen Aussagen zu bringen.