Bergbau am Meeresboden

E-Mobilität aus der Tiefsee?

So sehen sie aus, die Objekte der Begierde: Polymetallische Knollen mit hohen Gehalten an Kobalt, Mangan und Nickel.
So sehen sie aus, die Objekte der Begierde: Polymetallische Knollen mit hohen Gehalten an Kobalt, Mangan und Nickel. Caroline Seidel / dpa / pictured
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Der Inselstaat Nauru will als Erster mit Bergbau am Meeresboden Metalle fördern, die für Batterien gebraucht werden. Unumstritten ist das nicht.

Was hat der kleinste Inselstaat der Erde, Nauru im Pazifik auf halbem Weg zwischen Australien und Hawaii, mit der Rettung der Welt zu tun? Er will Schätze zugänglich machen, die für die Umstellung des Straßenverkehrs auf E-Mobilität gebraucht werden. Und zwar in rauen Mengen: Die Umstellung erfordert im Kern einen „Wandel von einem treibstoffintensiven Energiesystem zu einem materialintensiven“, erklärte im Frühjahr die Internationale Energie-Agentur IEA und rechnete die Dimensionen vor: „Ein typisches Elektroauto braucht sechsmal so viele mineralische Ressourcen wie ein konventionelles“ (IEA: The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions).

Mineralische Ressourcen? Eine der gebräuchlichen Lithium-Ionen-Batterien kann acht Kilogramm Lithium enthalten, 35 Kilo Nickel, 20 Kilo Mangan und 14 Kilo Kobalt (Nature 596, S. 336). Und bis 2030 sollen 145 Millionen Autos damit bestückt sein. Wo soll das Material herkommen? Von manchem wird sechsmal so viel gebraucht, wie man heute aus der Erde holt, und das oft problematisch genug: Kobalt wird zu zwei Dritteln im Kongo gefördert, oft von Kindern; Nickel kommt oft aus Minen in Indonesien, die die Umwelt ruinieren, und die Rohstoffe werden schon knapp (Nature Sustainability 4, S. 71).

Am Land. Aber geschätzte dreimal so viel – beim Kobalt gar sechsmal – wie in allen dort bekannten Reserven ruhen an den Böden der Meere, vor allem in „polymetallischen Knollen“. Die sind so groß wie Kartoffeln und stecken in 4000 Metern Tiefe im Sediment einer Region, die sich über 7000 Kilometer von Hawaii nach Mexiko zieht, der Clarion-Clippertone-Zone (CCZ). Sie haben sich über Jahrmillionen gebildet, indem sich Metalle aus dem Meerwasser in hohen Konzentrationen um abgesunkene Fischzähne und Sandkörner herum angelagert haben.

Man kennt sie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, Begehrlichkeiten weckten sie, als in den 1960er-Jahren – etwa vom Club of Rome – Warnungen vor einer drohenden Rohstoffknappheit kamen. Die brachten einen Goldrausch der Tiefsee, der US-Milliardär Howard Hughes ließ ein Bergbau-Boot bauen, um vor Hawaii zu schürfen (das war nur die halbe Wahrheit, hinter Hughes standen CIA und US-Navy, denen es um das klandestine Heben eines gesunkenen sowjetischen Atom-U-Boots ging, das gelang auch teilweise).

Aber die Technik war nicht ausgereift, und an Land fanden sich neue Lager, die Bonanza brach in sich zusammen. Ende der 1970er-Jahre keimte sie wieder auf, neue Prototypen wurden entwickelt – Roboter zum Heben der Schätze aus dem Sediment, Rohrsysteme zum Transport nach oben –, auch der rechtliche Rahmen wurde bedacht: Seit 1982 soll eine UNO-Organisation, die International Seabed Authority ISA, Regeln für den Zugang zu Meeresböden erarbeiten und ihre Einhaltung sicherstellen. Fertig sind sie bis heute nicht – die ISA hat bisher nur 19 Genehmigungen für kleinflächige Explorationen des Tiefseebodens erteilt –, Frist um Frist lief ab, die letzte 2020.

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