Wie Adenauer und Kohl prägte die deutsche Kanzlerin eine Ära. Zu ihrem Abschied beschreiben zehn Korrespondenten und Korrespondentinnen der „Presse“ das Phänomen Merkel.
In einer Übergangsphase nach der Bundestagswahl bleibt den Deutschen ihre erste Kanzlerin wohl noch eine Weile erhalten. Doch seit sich Angela Merkel entschlossen hat, nicht zur Wiederwahl anzutreten, hatten ihre Landsleute Zeit genug, sich auf eine Zäsur einzustellen – auf ein Leben ohne die 67-jährige Regierungschefin, die das Land 16 Jahre geprägt hat wie vor ihr nur die christdemokratischen Galionsfiguren Konrad Adenauer und Helmut Kohl.
Es war im Jahr der Wiedervereinigung 1990, als die Pastorentochter und Physikerin erstmals als Vize-Pressesprecherin des ostdeutschen Ministerpräsidenten Lothar de Maizière in der Öffentlichkeit auftauchte, um danach rasch in der CDU des Patriarchen Kohl – in vielerlei Hinsicht ihr Gegenteil – als Frauen- und Umweltministerin Karriere zu machen. Anfangs als „Kohls Mädchen“ belächelt, stieß sie den Mentor als Generalsekretärin 1999 im Zuge der Parteispendenaffäre in einem Gastbeitrag für die „FAZ“ vom Sockel, um selbst die Gunst der Stunde zu nutzen. Denn mit Kohl stürzte auch Wolfgang Schäuble, sein Nachfolger als Parteichef. Beim CDU-Parteitag im Jahr 2000 stieg Merkel dann selbst zur Parteivorsitzenden auf.
Als neoliberale Oppositionsführerin, Machtpolitikerin, Kanzlerin, Krisenmanagerin, Europa- und Weltpolitikerin hat sie Facetten gezeigt, die zehn „Presse“-Korrespondenten schlaglichtartig beleuchten.
Eine Kollegin kann leider nicht mehr auf ihre Zeit mit Merkel zurückblicken: Eva Male, von 2008 bis 2011 Berlin-Korrespondentin, ist vor sieben Jahren verstorben. Wir widmen ihr diese Ausgabe.