Die Fünf-Prozent-Hürde schaffte Linkspartei nicht. Dank dreier Direktmandate, darf sie aber in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen. In der Partei herrscht blankes Entsetzen.
Sie musste in der Wahlnacht auf Montag am meisten zittern. Seit der ersten Prognose um 18 Uhr wurde der Linken fünf Prozent der Zweitstimmen prognostiziert - also exakt jener Wert, der benötigt wird, um überhaupt ins deutsche Parlament ein ziehen zu können. Gegen vier Uhr früh dann die erleichternde Nachricht: Die Linke hat mindestens drei Direktmandate bei der Bundestagswahl geholt. So darf eine Partei auch dann im neuen Bundestag wieder in Fraktionsstärke vertreten sein, selbst wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollte. Es bleibt also nicht nur bei drei Mandaten. Die Abgeordneten Gregor Gysi und Gesine Lötzsch in Berlin sowie Sören Pellmann in Leipzig verteidigten ihre Direktmandate, wie die Auszählung aller Stimmen in ihren Wahlkreisen ergab.
Dagegen verlor die Berliner Abgeordnete Petra Pau ihr Direktmandat; und nach Auszählung fast aller Erststimmen galt das auch für das bisherige fünfte Direktmandat der Linken, ebenfalls in Berlin. Damit ist es nun unerheblich, ob die Linke mit ihrem Zweitstimmenergebnis die Fünf-Prozent-Hürde nimmt. In den letzten Hochrechnungen von ARD und ZDF lag sie bei 4,9 Prozent. Hintergrund ist die sogenannte Grundmandatsklausel: Erreicht eine Partei drei oder mehr Direktmandate, erfolgt eine Mandatsvergabe nach Zweitstimmenergebnis, auch wenn dieses unter fünf Prozent liegt.
Die Linke, damals noch PDS, hat davon schon einmal profitiert: 1994 kam sie auf nur 4,4 Prozent der gültigen Zweitstimmen, bekam dann aber wegen vier Direktmandaten auch 26 Landeslistensitze.
Linke will sich „neu erfinden"
Die Parteispitze hat am Montag eine bedingungslose Analyse der Wahlschlappe und eine Neuaufstellung der Partei angekündigt. Diese "schwere Niederlage" verstehe sie als "letzte Chance", die Partei nach vorne zu entwickeln, sagte Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow am Montag in Berlin. Die Linke müsse sich aus ihrer Sicht "neu erfinden".
Auch das Spitzenkandidatenduo Janine Wissler und Dietmar Bartsch forderte Konsequenzen aus dem Wahlergebnis. Dieses sei ein "schwerer Schlag" für die Linke, sagte Wissler. Es müsse jetzt darum gehen, "die kommenden vier Jahre zu nutzen und die Partei neu aufzustellen". Die Linke müsse deutlich machen, dass sie die Partei der sozialen Gerechtigkeit sei.
Bartsch zeigte sich überzeugt, dass die Ursache für die Niederlage nicht im Wahlkampf liege, sondern "grundsätzlicher Natur" sei. Ein Faktor sei auch gewesen, dass die Partei in den vergangenen Jahren vielfach ein "Bild der Zerrissenheit" abgegeben habe. Bartsch forderte im ARD-"Morgenmagazin", es müsse "tabulos" über inhaltliche, strategische und auch personelle Fragen gesprochen werden.
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(APA/Reuters)