Oberösterreich-Wahl

Ein Viertel der Grün-Wähler war 2015 noch türkis

Zwischen den Parteien bei der Landtagswahl in Oberösterreich gab es auch diesmal regen Austausch.
Zwischen den Parteien bei der Landtagswahl in Oberösterreich gab es auch diesmal regen Austausch.(c) imago images/Rudolf Gigler (Rudi Gigler via www.imago-images.de)
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Der Wählerstromanalyse zeigt, dass die ÖVP an keine andere Partei mehr verlor als an den Koalitionspartner im Bund. Die Wahlüberraschung MFG konnte unterdessen aus allen Teichen fischen, während die SPÖ am meisten Stimmen an Nichtwähler verliert.

Linz. Die Landtagswahl in Oberösterreich ist geschlagen, die mit MFG eine echte Überraschung hervorbrachte. Ähnlich wie 2015, als die Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt erreichte, fand die Wahl auch in diesem Jahr angesichts der Coronapandemie unter herausfordernden Bedingungen statt. Diese zeigen sich auch in den Motiven und Wählerströmen.

ÖVP

Landeshauptmann Thomas Stelzer konnte rund 304.000 Stimmen hinter sich versammeln. Er erreicht damit 37,6 Prozent. Allerdings ist das leichte Plus von 1,2 Prozentpunkten angesichts des historisch schlechten Ergebnisses von 2015 ein Zugewinn von niedrigem Niveau aus. Auffallend ist, dass die ÖVP bei Frauen (40 Prozent) mehr punkten konnte als bei Männern (36). Vor allem Pensionisten und Pensionistinnen (50) und öffentlich Bedienstete (42) wählen die Stelzer-ÖVP. Am meisten verloren hat sie im Vergleich zu 2015 an den Koalitionspartner im Bund: 25.000 Stimmen wanderten zu den Grünen. FPÖ (17.000) und MFG (15.000) konnten von enttäuschten ÖVP-Wählern auch profitieren.

Wählerströme zwischen der Landtagswahl 2015 und 2021.
Wählerströme zwischen der Landtagswahl 2015 und 2021.(c) PW/Die Presse

FPÖ

Von ihren rund 160.000 Stimmen (19,8 Prozent) schafft die FPÖ von Manfred Haimbuchner beinahe eine absolute Mehrheit (48) unter Ungeimpften. Einen riesigen Brocken an Wählerstimmen, 75.000, hat die Partei an die ÖVP verloren, die sie 2015 von dieser gewonnen hat. 22.000 Stimmen verlor sie an die Gruppe der Nichtwähler. Insgesamt überzeugen konnte sie vor allem jene, die finden, dass sich Oberösterreich seit 2015 negativ entwickelt hat, nämlich 31 Prozent.

SPÖ

Am Wahlabend lang hinausgezögert, musste sich Birgit Gerstorfer am Ende dennoch mit dem dritten Platz und 18,6 Prozent begnügen. Das erklärte Wahlziel, Platz zwei, hat sie verfehlt. Die meisten ihrer 149.000 Stimmen, 24 Prozent davon, kommen wie oft zuvor von Pensionisten (24). Was die SPÖ jedoch schmerzen wird, ist die Tatsache, mit 27.000 Stimmen unter allen Parteien am meisten an die Gruppe der Nichtwähler verloren zu haben. Gewonnen hat die SPÖ unterdessen am meisten von der ÖVP: Zehn Prozent aller roten Stimmen kamen von dort. Der oft zitierte Wähler-Austausch mit der FPÖ fällt mit sechs Prozent jedoch geringer aus. Das gilt auch umgekehrt: Nur ein Prozent der SPÖ-Wähler von 2015 hat dieses Mal bei Blau das Kreuzerl gemacht.

Grüne

Rund 99.000 Menschen hat Stefan Kaineders monothematischer Klima-Wahlkampf überzeugt. Nach Alter performte Kaineder am besten in der Gruppe der unter 29-Jährigen. Bei diesen sind die Grünen mit 20 Prozent die drittstärkste Kraft, nach ÖVP und FPÖ. Zweitstärkste (24 Prozent) – nach der ÖVP – sind sie bei Menschen mit Matura. Ob der Dringlichkeit des Klimawandels werden die insgesamt erreichten 12,2 Prozent aber nicht gänzlich zufriedenstellen. Auch deshalb, weil man ausgerechnet beim Koalitionspartner – abgesehen von der eigenen Wählerschaft – am meisten gewinnen konnte: Ein Viertel der Stimmen (25.000) erhielt Kaineder von ehemaligen ÖVP-Wählern. Verloren haben die Grünen dafür 10.000 Stimmen an die Neos, 8000 an die Gruppe der Nichtwähler und weitere 6000 an die neu im Landtag vertretenen MFG.

MFG (Menschen-Freiheit-Grundrechte)

Mit 6,2 Prozent zieht MFG unter Spitzenkandidat Joachim Aigner in den Landtag ein. Seine Stimmen kommen aus allen Parteien. Die Einschätzung, dass MFG lediglich radikale FPÖ-Sympathisanten anspricht, ist damit widerlegt. 32 Prozent der Stimmen stammen aus dem FPÖ-Lager, 31 Prozent aus jenem der ÖVP. Auch bei Ex-SPÖ-Wählern (16) sowie jenen der Grünen (12) konnte Aigner punkten.

Neos

Stundenlang musste Felix Eypeltauer zittern. Knapp, aber doch schaffte er es mit 4,2 in den Landtag. Insgesamt sammelten die Neos 34.000 Stimmen. Der größte Teil der Wechselstimmen stammt von Wählern, die 2015 noch Grün gewählt haben (28 Prozent). Von der ÖVP stammen 24 Prozent der pinken Stimmen. Der Rest entfällt auf FPÖ-Wähler (6), Nichtwähler (2) und sonstige Listen aus dem Jahr 2015 (1).

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