Morgenglosse

MFG: Die "Staats-Skeptiker"

MFG-Spitzenkandidat Joachim Aigner
MFG-Spitzenkandidat Joachim Aigner(c) APA/TEAM FOTOKERSCHI (TEAM FOTOKERSCHI)
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Ist MFG ein regionales Pandemie-One-Hit-Wonder? Das weiß derzeit wohl nicht einmal die Partei selbst. Ist sie gekommen, um zu bleiben, stellt das aber dem Vertrauen in den Staat kein allzu gutes Zeugnis aus.

Medial ist man sich derzeit noch unsicher, welches Etikett man MFG verpassen soll. Die Menschen-Freiheit-Grundrechte-Partei bezeichnet sich selbst als „Impfzwang-Gegner“.  Alle anderen schwanken noch: Sind sie bloß Impf-Skeptiker oder schon Impf-Gegner?  Liest man nach, was die Mitglieder so auf diversen Plattformen teilen (,Pfizer-Impfstoff tötet mehr Menschen, als er rettet'), tendiert man jedoch stark zu Variante zwei.

Wobei der Begriff  „Skeptiker“ schon auch passt. Wenn man ihn nämlich weiter fasst. Denn die „Impf-Skeptiker“  könnte man eigentlich eher „Staats-Skeptiker“ nennen. Die Pandemie ist zwar der Grund für die Existenz der Partei und ihr Erfolg ist eng mit dem Protest gegen die Impfung verknüpft (so korrelieren eine regionale niedrige Impfquote und gute MFG-Ergebnisse), aber dahinter steckt vielleicht doch mehr:

Es gehe um „Freiheit im und vom Staat“, sagt Parteiobmann Michael Brunner im ORF. Im Parteiprogramm fordert man ein Ende der Berufspolitiker. Man will, dass es Rechtsunterricht in den Schulen gibt, damit sich Bürger später besser wehren können, man kritisiert den „Kadavergehorsam“ der Behörden und nennt Medien „gleichgeschaltet“. Anders gesagt: Man misstraut. Der Politik, den Medien, dem Staat.

Es scheint, als wäre unter dem Druck der Pandemie ein Unbehagen auskristallisiert, das es übrigens nicht nur im blauen Lager gibt. Die Stimmen flossen MFG bei der oberösterreichischen Landtagswahl aus vielen Richtungen zu.

Die juristische Irritation

Und es ist wohl auch kein Zufall, dass ein Rechtsanwalt MFG-Gründer wurde. Über Michael Brunner berichtete „Die Presse“ schon im Dezember 2020. Damals ging es um  "Anwälte für Aufklärung", einen Zusammenschluss für den "Schutz von Freiheit und Demokratie". Brunner selbst war für Eltern tätig, die "die verhindern wollen, dass ihre Kinder in den Schulen gesundheitsschädigende Masken tragen müssen“.

Tatsächlich hat die rechtliche Dimension der Pandemie  insbesondere zu Beginn viele Juristinnen und Juristen irritiert. Es gab schlampige Verordnungen, flapsige Bemerkungen des Kanzlers („juristische Spitzfindigkeiten“) und ein Nachspiel vor dem Verfassungsgerichtshof. Doch Rechtsmittel und fachliche Kritik sind das eine, eine parteipolitische Anti-Maßnahmen- oder Anti-Impf-Agenda etwas ganz anders.

Was passiert nach Covid-19?

Anders wird ab jetzt auch der Umgang mit MFG. Bisher war man Teil eines unübersichtlichen Netzwerkes der Corona-Maßnahmen-Kritiker, in dem es zwischen den verschiedenen Organisationen – z. B. auch zwischen MFG und der „Initiative für evidenzbasierte Corona-Information"  – viele personelle Überschneidungen gibt. Was wer wo auf Facebook oder Telegram postete, wer wo dabei ist – das alles bekam die Öffentlichkeit kaum mit.

Als Partei im Landtag tritt man ins Schlaglicht. Offiziell das eine sagen, auf Telegram etwas anders posten -  das geht nicht mehr so leicht. Man wird nach Fakten gefragt werden und Forderungen durchdeklinieren müssen: MFG will einerseits alle Corona-Maßnahmen beenden, andererseits propagiert man den Stolz aufs Nicht-Geimpft-Sein. Hat man schon einmal durchgedacht, was diese Kombination real gesundheitlich bedeutet – für die eigenen Wählerinnen und Wähler, die Ungeimpften?

Wenn aus Überschriften Positionen, wenn aus einer Facebook-Gruppe eine echte wird, ist das immer ein Stresstest. Hält man im Landtag durch oder zerfällt alles in Streit, sobald es nicht mehr ums Thema Nummer eins geht? Sechs Jahre im Landtag sind eine lange Zeit. Und was passiert überhaupt, sobald die einigende Klammer, die Pandemie, wegfällt? Wird es ohne Covid-19 noch Interesse an Landesgruppen geben?

Ob MFG einregionales Corona-One-Hit-Wonder ist oder nicht, weiß derzeit vermutlich nicht einmal MFG selbst.

Man muss abwarten. Doch hält sich MFG, könnte das einiges darüber aussagen, wie groß post Pandemie das Vertrauen in Politik und Staat ist. Oder wie klein.

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