Coronamaßnahmen

Unverschlüsselte Absonderungsbescheide in Tirol verschickt?

Andrea Haselwanter-Schneider
Andrea Haselwanter-Schneider APA/ROBERT PARIGGER
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Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider ortet einen "datenschutzrechtlich höchst bedenklichen" Umgang mit Gesundheitsdaten.

Die oppositionelle Liste Fritz hat am Dienstag die Praxis der Tiroler Bezirkshauptmannschaften kritisiert, dass Corona-Absonderungsbescheide offenbar ohne Verschlüsselung per E-Mail an die Betroffenen geschickt werden. Für Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider sei dies "datenschutzrechtlich höchst bedenklich", sagte sie bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

"Wir müssen mit Gesundheitsdaten höchst sensibel umgehen", mahnte die Politikerin ein. Sie selbst hatte nach ihrer Covid-Infektion ihren Absonderungsbescheid als ungeschütztes PDF-Dokument erhalten, berichtete sie. Auch Oliver Jaindl von Cobin Claims - eine Plattform für Sammelklagen - bemängelte die Vorgehensweise des Landes. Er führte an, dass etwa das Abrufen von Testergebnissen durch Barrieren - beispielsweise durch Eingabe des Geburtsdatums - besser abgesichert sei. Ob die Absonderungsbescheide in anderen Bundesländern geschützt versendet werden, konnte er nicht beantworten.

Datenleck bei HG Labtruck

Das Land Tirol und sein früherer Auftragnehmer HG Labtruck gerieten schon vor rund einem Monat in die Schlagzeilen aufgrund eines Datenlecks. Der ehemalige Geschäftsführer des Labors, Ralf Herwig, verschickte im August Daten über positive PCR-Testergebnisse - wie er betont verschlüsselt - in Form von Excel-Sheets. Er war aber bereits im Mai nach massiver Kritik als Geschäftsführer abgetreten und hatte diese Funktion seiner Ehefrau übergeben. Er habe die Mail am 10. August zum Zweck eines "Back-up" verschickt und vermutete einen Hackerangriff, gab er an. Die Liste mit rund 24.000 Testergebnissen war dem ORF Tirol und dem "Standard" zugespielt worden.

Haselwanter-Schneider und Jaindl wiesen darauf hin, dass Menschen, die glauben vom Datenleck betroffen zu sein, ein Auskunftsbegehren an das Land sowie an das Unternehmen stellen können. Cobin Claims stelle dafür ein Formular bereit, das etwa 500 Mal heruntergeladen wurde. Jaindl forderte, dass die Auskunft niederschwelliger und unkomplizierter erteilt werden solle: "Es müssen entsprechende Möglichkeiten geschaffen werden beim Land und bei der HG Labtruck". Außerdem müsse das Land klarstellen, was mit der Liste passiert sei. "Wo geistert sie herum?", fragte er.

Vom Land hatte es zuletzt geheißen, dass man nicht sagen könne, wer Teil des Datenlecks sei, da die Behörde selbst nicht über die Liste verfüge. Nach rechtlicher Ansicht von Cobin Claims habe das Land aber jederzeit das Recht, als Auftraggeber die Daten anzufordern.

Sammelklage im Kommen?

Noch zu früh war es für Jaindl, um über die Anstrengung einer Sammelklage zu sprechen. Er würde es aber auch nicht ausschließen. Betroffene könnten auf Schadenersatz klagen, meinte er. Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft leitete unterdessen bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Untersucht werde der Verdacht des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz sowie jener des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem, hieß es von der Anklagebehörde. Haselwanter-Schneider kündigte indes am Dienstag an, in dieser Sache diese Woche selbst Strafanzeige gegen die HG Labtruck einzubringen.

Die Causa HG Pharma bzw. HG Lab Truck beschäftigt seit Frühjahr immer wieder Medien und Politik. Die schwarz-grüne Landesregierung war Anfang Mai wegen der Causa unter Beschuss geraten. Vor allem die Direktvergabe des rund acht Millionen Euro schweren Auftrags ohne Ausschreibung im vergangenen September an die Firma Herwigs sorgte für scharfe Kritik. Ein unrechtmäßiges Handeln dabei stellte das Land stets in Abrede. Es war zu offenbar teils falschen Mutations-Bewertungen bei den Tiroler PCR-Proben durch die HG Lab Truck gekommen. Rund 380 Fälle mussten nach einem vorläufigen Zwischenergebnis der bisherigen Sequenzierungen der AGES umgestuft werden.

Zudem war die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aktiv geworden und hatte im Juli einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt. Es stand der Vorwurf im Raum, dass die HG Lab Truck die vom Land in Auftrag gegebenen PCR-Tests "nicht sach- und fachgerecht durchgeführt hätte bzw. zur Durchführung solcher Tests nicht qualifiziert und berechtigt gewesen sei".

(APA)

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