Die Volksrepublik möchte einen „Lehman-Moment“ vermeiden und signalisiert Unterstützung für den strauchelnden Immobilienkonzern. Auch Banken müssen Auskunft geben.
Die chinesische Zentralbank hat Hilfen für den ins Straucheln geratenen Immobilienkonzern Evergrande signalisiert. Die People's Bank of China (PBOC) versprach, die Rechte und Interessen von Privatleuten, die auf dem Immobilienmarkt investiert sind, zu wahren. Konkret zu den Schuldenproblemen von Evergrande äußerte sich die Notenbank nicht, bei Anlegern machte sich dennoch Erleichterung breit. Die gebeutelten Evergrande-Aktien legten in Hongkong um gut acht Prozent zu. Auch Titel von anderen Immobilienkonzernen waren gefragt.
Die PBOC erklärte auf ihrer Internetseite zudem, sie werde ihre Geldpolitik „flexibel, zielgerichtet und angemessen“ gestalten sowie ein stabileres Kreditwachstum und eine passende Liquidität im Markt gewährleisten. Zudem pumpte die Zentralbank weitere Milliarden in den Geldmarkt. Auf einen Kommentar der Regierung oder der Notenbank haben Investoren seit Tagen gewartet.
Die Provinzregierung der Stadt Shenzhen will die Vermögensverwaltungssparte Evergrande Wealth unter die Lupe nehmen. In einem Brief an Anleger, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte, teilte die Finanzaufsicht von Shenzhen mit, eine gründliche Untersuchung der Schuldenprobleme der Firma einleiten zu wollen. Zudem forderte sie Evergrande auf, sich um Rückzahlungen an Anleger zu bemühen. Weder Evergrande noch die Regierung von Shenzhen nahmen dazu Stellung.
Evergrande hat – wie andere hoch verschuldete Konglomerate auch – hochverzinsliche Anlageprodukte an Anleger verkauft und sich damit Geld unter Umgehung der staatlichen Vorschriften für die Aufnahme von Krediten besorgt. Insgesamt türmte der Konzern in den vergangenen Jahren Schulden von mehr als 300 Milliarden Dollar auf und ist in Zahlungsverzug gegenüber Gläubigern geraten. Anleger fürchten bei einem möglichen Zusammenbruch des zweitgrößten chinesischen Immobilienentwicklers negative Auswirkungen auf andere Branchen. In der Vorwoche hatte Evergrande eine Zahlungsfrist für Anleihezinsen verstreichen lassen. Am Mittwoch werden weitere 47,5 Millionen Dollar fällig.
Internationale Gläubiger
Analysten gehen mittlerweile davon aus, dass sich Peking darum bemühen wird, eine Finanzkrise wie nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers zu vermeiden. „Wir gehen davon aus, dass die Auswirkungen auf das Bankensystem überschaubar sein werden und dass sich die Regierung stattdessen auf die sozialen Folgen unfertiger Wohneinheiten konzentrieren wird“, so Sheldon Chan vom Brokerhaus T. Rowe Price. Für Evergrande arbeiten rund 200.000 Menschen.
Der Präsident der Förderbank Asian Development Bank (ADB), Masatsugu Asakawa, sagte, China habe ausreichende geldpolitische Möglichkeiten zur Stützung des Finanzsystems und zur Vermeidung von Dominoeffekten. „Ich glaube nicht, dass die Schwierigkeiten einer einzigen Firma eine globale Krise auslösen werden, wie sie durch den Zusammenbruch von Lehman Brothers verursacht wurde“, sagte Asakawa. Finanzielle Folgen für Evergrande-Kunden und die haushaltspolitische Lage von chinesischen Lokalprovinzen seien aber nicht auszuschließen.
Um herauszufinden, welche Banken in welchem Ausmaß von einem möglichen Evergrande-Kollaps betroffen sein könnten, verlangt die Zentralbank in Hongkong Auskünfte der Kreditinstitute. Wie Daten von Morningstar zeigen, gehören zu den Anleihegläubigern von Evergrande unter anderem BlackRock, die Royal Bank of Canada sowie die Schweizer UBS und der Londoner Vermögensverwalter Ashmore.
(Reuters)