Diskussion

Blümel: „Keine Gelbwesten schaffen“

Gernot Blümel, Gabriel Felbermayr und – per Video zugeschaltet – Lars Feld.
Gernot Blümel, Gabriel Felbermayr und – per Video zugeschaltet – Lars Feld.(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Im Finanzministerium diskutierten erstmals die künftigen Chefs von IHS und Wifo über Wirtschaftsfragen – recht ideologiefrei.

Wien. Es waren legendäre ideologische Auseinandersetzungen, die sich die einstigen Chefs der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und Wifo Anfang der 2000er-Jahre lieferten. Keine Wirtschaftsprognose, keine Budgeteinschätzung, bei der sich Bernhard Felderer (IHS) und Karl Aiginger (Wifo) nicht gegenseitig korrigierten und die Meinung des anderen als falsch abtaten.

Mit den Nachfolgern hat sich das geändert. Zwar blieben ideologische Unterschiede, aber die gegenseitige Wertschätzung war größer. Und am Dienstag bewiesen die künftigen Leiter der Institute, Gabriel Felbermayr (Wifo) und Lars Feld (IHS), bei ihrem ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt bei einer Diskussion im Finanzministerium ihren wirtschaftsliberalen Gleichschritt. Wobei Feld, der diesmal nur per Video zugeschaltet war, noch immer keinen Vertrag hat („Die Presse“ berichtete in der Samstag-Ausgabe).

Debattiert wurde über die mögliche künftige deutsche Regierung (beide Wirtschaftsforscher waren froh, dass sich eine rot-rot-grüne Koalition rechnerisch nicht ausgeht), über das Budget, die Elektromobilität und die Steuerreform.

Bei Letzterem gab Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) unfreiwillig einen Einblick in die Verhandlungen mit den Grünen. Blümel sprach davon, dass die Wirtschaft durch CO2-Steuern nicht zu stark belastet werden dürfe, man müsse an die Wettbewerbsfähigkeit und den Standort denken. Als es Applaus gab, meinte Moderatorin „Kurier“-Chefredakteurin Martina Salomon: „Da gibt es große Zustimmung.“ Blümel: „Im Saal . . .“ Die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner dürften in der Frage also noch recht angespannt verlaufen.

Prognose wird besser

Klar ist für Blümel jedenfalls, dass man mit CO2-Steuern „nicht eine Gelbwesten-Bewegung (wie in Frankreich, Anm.) schaffen“ dürfe.

Sowohl Feld als auch Felbermayr betonten die grundsätzliche Notwendigkeit von CO2-Steuern, weil es ohne sie keinen echten Umwelt- und Klimaschutz geben werde. Der Preis der Steuer müsse über die Jahre steigen. Man dürfe die Einnahmen aber nicht zum Sanieren der Budgets verwenden, sondern müsse sie entweder in Umwelttechnologien investieren oder in Form eines Ökobonus an die Menschen zurückgeben.

Beide Wirtschaftsforscher beruhigten, dass eine Hyperinflation, wie sie manche fürchten, nicht bevorstehe. Aber es werde eine höhere Inflation von „etwas über zwei Prozent“ geben, prognostizierte Gabriel Felbermayr.

Erfreuliches deutete der künftige Wifo-Chef an. Anfang Oktober werde man die heurige Konjunkturprognose vermutlich nach oben korrigieren, weil die Wirtschaftserholung so gut sei. Ob bei der Präsentation der Prognose schon Lars Feld auf dem Platz des IHS sitzen wird, wird man sehen. Die Verhandlungen über seinen Vertrag liefen jedenfalls gut, meinte er.

(rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2021)

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