Morgenglosse

Game of Thrones, Deutschland-Edition

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Um sich in die Machtspiele im Nachbarland einzufühlen, braucht es etwas Geduld. Wer es versuchen will, kann mit Markus Söder starten.

Es war eine packende Geschichte, die sich am Dienstagabend in und rund um den Plenarsaal des deutschen Reichstags abspielte. Da kämpfte ein blasser König um seinen schwächer werdenden Griff am Zepter der Macht. Sein Rivale aus dem Süden war angereist, um ihm die Finger zu öffnen. Und um die beiden herum sammelten sich Fürsten, es wurden Allianzen geschmiedet und Intrigen erdacht.

Natürlich fehlt es der deutschen Innenpolitik an einem dramatischen Plot, den Serien wie das vom US-Sender HBO produzierte und vom Kultautor George R.R. Martin verfasste „Game of Thrones“ zu einem Millionenpublikum verhalfen. Drachen würden vermutlich auch nicht schaden. Für die subtilen Spielchen der deutschen Politik braucht es Geduld, die wohl nur Politik-Nerds aufbringen können.

Wer es aber einmal versuchen will, kann beispielsweise bei Markus Söder anfangen. Der Bayer und CSU-Chef trat gestern vor die Presse, um einen seiner mehr oder weniger subtilen Angriffe auf Armin Laschet vorzutragen, den CDU-Chef und unglücklichen Kanzlerkandidaten  - eigentlich ein Parteifreund.

Söder gratulierte Laschets Gegenspieler Olaf Scholz, betonte die guten Chancen des Sozialdemokraten auf das Kanzleramt und setzte sich dafür ein, in der auf den Auftritt folgenden Sitzung den CDU-Mann Ralph Brinkhaus zum Fraktionsvorsitzenden zu küren. Eine Personalie, die Armin Laschet anders handhaben wollte und die dadurch zur Machtprobe geworden war. Als ein Reporter den Bayern am Ende fragte, warum er so gegen Laschet stichelt, grinste dieser, als sei er sich keiner Schuld bewusst. Als würde er weiter zu Armin Laschet stehen.

Die Geschichte des Kampfes zwischen Armin Laschet und dem von ihm als Kanzlerkandidaten verhinderten Markus Söder handelt von Palastintrigen, gekränktem Stolz, unerbittlichem Ehrgeiz, Allianzen, dem Drang zur Macht und dem richtigen Zeitpunkt.

Wer sich lange genug damit beschäftigt, kann darin ein Drama erkennen. Ohne Drachen.

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