Kalabrien

Italien: 13 Jahre Haft für Pro-Migrations-Bürgermeister

Mayor of Riace town, Domenico Lucano, poses in Riace
Mayor of Riace town, Domenico Lucano, poses in RiaceREUTERS
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Dem Ex-Oberhaupt des Dorfes Riace, Domenico Lucano, wurden unter anderem Förderung illegaler Migration, Amtsmissbrauch und Betrug auf Kosten des Staates vorgeworfen. Er war bekannt geworden, weil er versuchte, sein Dorf durch Hunderte Migranten zu „beleben".

In einem aufsehenerregenden Prozess ist der frühere Bürgermeister des Dorfes Riace in Kalabrien, Domenico „Mimmo" Lucano, am Donnerstag von einem Gericht in Locri zu 13 Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden. Ihm wurden unter anderem Begünstigung der illegalen Einwanderung, Korruption, Amtsmissbrauch, Veruntreuung und Betrug auf Kosten des Staates vorgeworfen.

Das Urteil ist wesentlich strenger als die Forderung der Staatsanwälte, nämlich eine Haftstrafe von sieben Jahren und elf Monaten.

Lucano (63) hatte das auf Hügeln unweit des Meeres liegende Dorf mit mittelalterlichem Stadtkern und heute rund 1900 Einwohnern von 2004 bis 2018 als Mitte-links-Politiker regiert. Wie viele Orte in Süditalien litt Riace unter Abwanderung und hoher Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft war sehr schwach entwickelt. 2001 lebten dort etwa 1600 Menschen, Tendenz fallend.

Es begann mit einem Kurden-Boot

Als 1998 ein Boot mit kurdischen Migranten in der Nähe anlandete, nahm sie die lokale Bevölkerung auf; es entstand ein Verein namens „Stadt der Zukunft", dessen Mitbegründer Lucano war. Ziel war es, Flüchtlinge und Migranten im Dorf anzusiedeln, um es wiederzubeleben und die Wirtschaft zu stärken.

Marcuscalabresus / CC BY 3.0

2010 lebten dort schon etwa 250 Migranten, vier Jahre später rund 800, oftmals Menschen aus Nordafrika, dem Senegal, Eritrea, Syrien, Afghanistan. Sie erhielten Unterkünfte und etwa 250 Euro pro Monat, arbeiteten auf den Feldern, in Weinbergen und Olivenhainen, im Straßendienst, als häusliche Hilfskräfte und so weiter. Die Finanzierung des Projekts erfolgte lange durch die Regierung in Rom.

Weltweite Ehrungen

Sein Einsatz machte Bürgermeister Lucano weltweit berühmt, ganz speziell seit Beginn des Flüchtlings- und Migrantenansturms auf Europa 2015. Er bekam zahlreiche Ehrungen, das US-Wirtschaftsmagazin „Fortune" reihte ihn 2016 auf Rang 40 der einflussreichsten Führungspersonen der Welt.

2018 tauchten Verdachtsmomente auf Malversationen des Migrationsaktivisten auf. Nachdem die Polizei seine Gemeinde kontrolliert hatte, stellte sie Unregelmäßigkeiten im Umgang mit öffentlichen Geldern für die Versorgung der Migranten fest. Damals lebten dort noch etwa 300 Zuwanderer. Die Staatsanwaltschaft Locri eröffnete Untersuchungen, die zur Festnahme des Bürgermeisters führten.

Scheinehen organisiert?

Die Ermittler verdächtigten ihn bald auch, zusammen mit seiner  Freundin Scheinehen von Migranten mit Einwohnern organisiert zu haben, um ihnen die Staatsbürgerschaft zu beschaffen, und Geld abzuzweigen. Die Vorwürfe lauteten auch auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung.

Zuletzt hatten Tausende Menschen in Riace, in der süditalienischen Stadt Reggio Calabria und Rom für die Freilassung Lucanos demonstriert. Der Ex-Bürgermeister hatte stets seine Unschuld beteuert und auch beim Prozess jetzt gesagt, dass er sich eigentlich eeinen Freispruch erwarte. Seine Anwälte haben Rechtsmittel angekünigt.

Heftige Kritik an dem Urteil, dessen Begründung noch aussteht, kam von linken Parteien und Menschenrechts-NGOs. Zustimmung kommt aus rechtsgerichteten Parteien.

(APA/red.)


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