Arbeit

System wackelt, weil Arbeitsmediziner fehlen

.: Richard Crevenna, Artur Wechselberger, Susanne Schunder-Tatzber, Imma Baumgartner, Thomas Kraus, Karl Hochgatterer, Roswitha Hosemann
.: Richard Crevenna, Artur Wechselberger, Susanne Schunder-Tatzber, Imma Baumgartner, Thomas Kraus, Karl Hochgatterer, Roswitha Hosemann(c) KLAUS MORGENSTERN
  • Drucken

Bei der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGA) stand die Zukunft der betrieblichen Gesundheitsvorsorge im Fokus.

Der Nutzen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge ist zwar unumstritten und wird von allen Playern in Politik und Wirtschaft geschätzt. Doch es fehlt an Nachwuchs, konkret hat Österreich derzeit 500 Arbeitsmediziner zu wenig.

Belege für den Wert der arbeitsmedizinischen Versorgung lieferte Susanne Schunder-Tatzber, Head of Corporate Health Management bei der OMV. In der Praxis sei auf unterschiedliche Situationen und Bedürfnisse in den Betrieben zu reagieren. „Mental Health rückte in Zeiten der Pandemie in den Vordergrund, so litten etwa die einen unter der Doppelbelastung Homeoffice und Homeschooling, die anderen unter Isolation“, rekapitulierte sie die letzten eineinhalb Jahre. In einem internationalen Konzern ist die Installation einer komplexen arbeitsmedizinischen Struktur sinnvoll, doch auch in kleineren Betrieben sollte die Arbeitsmedizinerin, der Arbeitsmediziner als Health Manager verstanden werden. Sie sind das Bindeglied zwischen Betrieb und Mitarbeitenden.

„Die Gesundheit der Beschäftigten ist von wirtschaftlicher Relevanz für jedes Unternehmen“, analysierte Roswitha Hosemann, Fachärztin für Arbeitsmedizin in der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA.

Prävention und Vorsorge rechnen sich

Bei den Arbeitsunfällen zeigt sich in den letzten 10 Jahren ein erfreulicher Trend nach unten. Die anerkannten Berufskrankheiten haben sich von rund 1.500 auf 1.150 pro Jahr verringert, also rund ein Viertel. Investitionen in die Gesundheit der Mitarbeitenden kommen auch den Betrieben zugute. Dies schlägt sich nicht zuletzt durch mehr Motivation und geringere Fehlzeiten nieder. Studien belegen einen Mindestnutzen von 1 zu 5 pro Euro, der für die Gesundheitsförderung eingesetzt wird. „Gesundheitsschutz und betriebliche Gesundheitsförderung entlasten zusätzlich das Gesundheitssystem“, so Hosemann.

Mäßiges Image trotz bester Bilanz

„Viele Menschen gehen erst zum Arzt, wenn sie ein Problem haben. Prävention kann dem vorbeugen. Die Arbeitsmedizin erreicht hier auch diejenigen, die sich sonst zu wenig um ihre Gesundheit kümmern“, stellte Artur Wechselberger, Präsident der Ärztekammer für Tirol und Leiter des Referats Arbeitsmedizin der Österreichischen Ärztekammer, fest. „Solche Qualitäten und deren gesamtgesellschaftliche Wirkung müssen ins Blickfeld gerückt werden“, ergänzte Wechselberger. All das wäre nicht mehr möglich, wenn dem Erfolgsrezept Arbeitsmedizin das Personal fehle.

Berufsbild ArbeitsmedizinerIn

Karl Hochgatterer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention, rief zusammenfassend die Definition des Berufsbilds der Arbeitsmediziner in Erinnerung: „Die arbeitsmedizinische Tätigkeit findet immer im Setting „Unternehmen“ statt. Im Zentrum stehen der ArbeitnehmerInnenschutz durch präventivmedizinische Aufgaben. Dazu kommt das Management der beruflichen Wiedereingliederung“. Damit unterstützen die ArbeitsmedizinerInnen die ArbeitgeberInnen bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten: Beim Gesundheitsschutz, bei der auf die Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheitsförderung und bei der menschengerechten Arbeitsgestaltung. „Dies gilt es nicht nur zu erhalten, sondern auch zu fördern. Der aktuelle Mangel dünnt das System aus und führt zu einer Überlastung der aktiven ArbeitsmedizinerInnen“, so Hochgatterer abschließend.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.