Theater in St. Pölten

Der Brustkorb als Bühne, Stargast: das Herz

(c) Alexi Pelekanos
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Kann man den „Zauberberg“ dramatisieren? Eigentlich nicht. Mit schlauer Naivität ist Sara Ostertag im Landestheater Niederösterreich dennoch ein – oft witziges – Potpourri gelungen. Das ein Thema des Romans betont: Der Geist ist (auch) körperlich.

„Wird auch aus diesem Weltfest des Todes, auch aus der schlimmen Fieberbrunst, die rings den regnerischen Abendhimmel entzündet, einmal die Liebe steigen?“ Wer je sieben Zeiteinheiten mit Thomas Manns „Zauberberg“ verbracht hat, erinnert sich an den monumentalen Schlusssatz, auf den nur ein stolz aufatmendes „Finis operis“ folgen kann. Eigentlich. Sara Ostertag lässt in ihrer Dramatisierung lieber einen der vielen vorletzten Sätze des Romans folgen, einen Satz, der sich an den Helden selbst richtet – und erklärt, warum „wir“ seine Geschichte erzählt haben. Um ihrer selbst willen nämlich: „Nicht deinetwillen, denn du warst simpel.“

Keine Frage, dieser Regisseurin sitzt der Schalk im Nacken. Schon das Unterfangen, den „Zauberberg“ zu dramatisieren, ist höchst schalkhaft, weil zum Scheitern verurteilt. Eigentlich. Wieso ist daraus keine Katastrophe geworden? Vielleicht, weil Ostertag es mit ähnlich schlauer Naivität angegangen ist wie ihr Held seine Lehrjahre. Schon ihre Bilderwelt ist von kindlicher Wucht: Die Lungenheilanstalt ist ein schematisierter Brustkorb, die Liebe kuschelt sich als Plüschmonster heran, der Schnee wird geschaufelt. Und wenn Hans Castorp das Herz seines Cousins im Röntgen schlagen sieht, kommt ein riesiges rosafarbenes Organ daher und klopft laut. Womit ein zentrales Thema des Romans plastisch wird: Der menschliche Geist ist körperlich. Wer ihn vom Körper lösen will, gerät ins Unmenschliche.

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