Simulation

Computer hilft, Viren einzudämmen

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Wiener Forscher stellen ein neu entwickeltes Modell vor, das künftig mittels künstlicher Intelligenz das Pandemiemanagement unterstützen könnte.

In einer Pandemie greifen viele Faktoren auf recht unübersichtliche Art und Weise ineinander. So stellt sich etwa die Frage, wie sich welche der zahlreichen Maßnahmen zur sozialen Distanzierung bei welcher Infektionslage tatsächlich auswirken. Dazu kommen viele Fragezeichen zu den Auswirkungen der Impfkampagne, die saisonalen Effekte oder die Reisetätigkeit. Ein Team um Miguel Navascués vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften in Wien sowie Kollegen der Uni Wien präsentierten nun im Fachblatt Plos One ein mathematisches Modell, mit dem sich ein derart komplexes Problem optimal lösen – und eine Pandemie eindämmen lässt.

Der Ansatz soll es etwa erlauben, Vorgaben zu politisch gewünschten Lockdown-Szenarien zu machen und mittels Methoden der künstlichen Intelligenz Lösungen aufzuzeigen, wie die Covid-19-Zahlen möglichst niedrig gehalten werden. Die Physiker begreifen die Pandemiebekämpfung dabei als „Optimierungsproblem“. Der Rechner sucht auf Basis maschinellen Lernens nach dem jeweils passendsten Ergebnis. Das lasse sich mit der Suche nach dem tiefsten Punkt in einer Landschaft vergleichen, deren Höhen aus verschiedenen fatalen hypothetischen Pandemieverläufen bestehen, erläutert Navascués. Ein Ansatz, der auch auf andere Probleme abseits von pandemischen Szenarien anwendbar sein soll.

Kreative Lösungen

Im Modell könne man etwa als Zielwert definieren, dass die Kapazitäten an Intensivbetten in einem Land nicht überschritten werden. Dann erhalte man als Lösung ein aus Lockdowns, anderen Eindämmungsmaßnahmen und Impfkampagnen zusammengesetztes Szenario. Dieses könne sehr kompliziert sein, mitunter mit sehr vielen kurzen Lockdowns und Distanzierungsphasen, verteilt über einen längeren Zeitraum, so der Wissenschaftler. An die politische Realität lasse sich das automatische Beratungstool anpassen, indem man etwa als Vorgabe die Regel ausgibt, dass man mit einer bestimmten Anzahl an Lockdowns auskommen muss. Navascués: „Die Computer finden kreative Lösungen. Bei einer Beschränkung der Lockdowns auf maximal fünf zeigt sich etwa, dass die beste Strategie in solchen Fällen mit vier Lockdowns auskommt.“

Für die Forscher kann ihr System eine Alternative zu den bisher auf Expertenurteilen und politischer Wetterlage beruhenden Entscheidungen bieten. Man liefere allerdings lediglich eine Methode, die die Realität eingeschränkt abbildet und auf dieser Basis Empfehlungen abgibt. Diese soll sich aber jedenfalls gut mit mathematischen Modellen, etwa jenem der Gruppe um den Simulationsforscher Niki Popper (TU Wien) und dem TU-Spin-off DWH kombinieren lassen. Angewendet wird sie allerdings noch nicht – die benötigten Daten zur Situation in Österreich sind nicht zugänglich. (APA/gral)

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