Expedition Europa

Im Château der Querdenker

(c) imago images/UIG (via www.imago-images.de)
  • Drucken

Jüngst ist eine ganze Kolonie deutschsprachiger Querdenker ans Schwarze Meer gezogen, denn „die Österreicher kann man abschreiben“.

Nie hatte ich mit Querdenkern zu tun gehabt, da wurde mir beim Maturatreffen erzählt, dass der blitzgescheite Bruder eines Klassenkollegen Anti-Corona-Demos organisiert hat und nun nach Bulgarien auswandert. 16 Prozent, schoss mir ein, die mit Abstand niedrigste Impfquote der EU. „Deswegen Bulgarien?“ – „Ja.“ So sitze ich auf der Terrasse über der Seebrücke von Burgas, auch jetzt ist noch viel Russisch, Holländisch, Tschechisch zu hören, ich frühstücke eine Torte aus Speiseeis, was anderes gibt es nicht, und kein 3G, nirgends. Nun sehe ich ihn nach dreißig Jahren wieder, trotz „Corona-Bauch“ sieht er gut aus. Er bestätigt: „Ich war der Ober-Querdenker von Österreich.“ Sein nächster Satz haut mich gleich noch mal um: Im September ist eine ganze Kolonie deutschsprachiger Querdenker ans Schwarze Meer gezogen. Allein in einer „Château“ genannten Touristenresidenz leben 30, weitere 40 in der Umgebung.

Er fährt mich in ihre Gegend raus, an einen von ihm entdeckten goldgelben Strand. Es ist heiß, ich schwimme lang, er schwimmt kurz, eine tiefengebräunte Muskelfrau rennt mit vorauseilendem Vogelkopf rauf und runter. Dann reden wir zwischen den Topfpalmen der weitläufigen Beach Bar. Wieso Bulgarien, frage ich, könnten sie bei täglich 80 Corona-Toten nicht in einen weiteren Lockdown geraten? Es stellt sich heraus, dass die Auswanderung der Querdenker mit einem geradezu investigativ recherchierten Punktesystem vorbereitet wurde. „Sehr wichtig“ ist die Impfquote, als „Gradmesser dafür, wie viel sich ein Volk gefallen lässt“, es zählen aber auch Arbeitsmöglichkeiten und Einwanderungspolitik.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.