Satellitendaten

Es grünt so grün! Doch wann gehört es geschnitten?

Landwirt beim Gras mähen
Landwirt beim Gras mähen(c) imago images/Pius Koller (Pius Koller via www.imago-images.de)
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Mähen oder abwarten? Diese Frage stellen sich zigtausend Landwirte in Österreich angesichts ihres Grünlands mehrmals pro Saison. Eine neue App und Daten der Sentinel-Satelliten sollen die Entscheidung mit Wissen zu Ertrag und Qualität der Grasflächen erleichtern.

Durch den Klimawandel kommt es zu immer mehr und intensiveren Trockenperioden: Sie betreffen auch Regionen in Österreich, die früher nicht mit Dürren zu kämpfen hatten. Diese Entwicklung stellt Landwirte vor schwere Entscheidungen: Soll man in Jahren mit wenig Ertrag auf den Grünlandflächen noch Tierfutter teuer zukaufen oder verringert man den Viehbestand? Letztere Option verändert den Betrieb langfristig, der Zukauf von Futter kann jedoch kurzfristig ein dürres Jahr retten. Bei solchen Fragen sollen in Zukunft auch wissenschaftliche Daten helfen.

Das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützte Projekt SatGrass nutzt Daten aus dem Weltall, um das Grünland auf wenige Meter genau zu beobachten und die Entwicklung des Pflanzenbestands besser abzuschätzen. „Die Landwirte kennen ihre Felder sehr gut: Sie schätzen den richtigen Zeitpunkt für die Mahd aus Erfahrung gut ein. Doch mit den Daten unseres Projekts können wir den Ertrag und die Qualität der Ernte noch genauer erkunden“, sagt Andreas Schaumberger vom Institut für Pflanzenbau und Kulturlandschaft der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Geleitet von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Grünland und Viehwirtschaft (ÖAG) vereint das Projekt eine Reihe von Partnern wie die Boku und TU Wien, landwirtschaftliche Bildungseinrichtungen und zahlreiche im Verein Maschinenring Österreich beteiligte Landwirte, die mehrmals pro Jahr ihre Felder beproben. Sie bestimmen die Zusammensetzung von Gräsern, Kräutern und Hülsenfrüchtlern, wiegen die Frischmasse der Versuchsernte auf einzelnen Quadratmetern und schicken das Ganze zur Analyse ins Labor in Gumpenstein. Aus 170 Standorten trudeln hier Proben ein: Sie werden getrocknet, ihre Trockenmasse bestimmt und die Qualität eruiert: Welchen Rohproteingehalt weist die Ernte auf?

Mehr Protein, Energie oder Struktur?

IN ZAHLEN

„Die Frage nach der Qualität ist für jeden Betrieb unterschiedlich“, erklärt Schaumberger. Während Hochleistungsmilchvieh mit sehr energiereichem Futter versorgt werden muss, das früher geerntet wird, können Pferdehalter die Grünfläche länger wachsen lassen, da eine späte Mahd strukturreicheres Futter garantiert, das wiederum weniger Rohprotein enthält.

Genau diese Unterschiede in der Qualität des Grünlands wollen die Forscherinnen und Forscher von SatGrass nun großräumig sichtbar machen. Die Daten der Messungen auf den Feldern werden mit den Sensordaten der Sentinel-Satelliten abgeglichen, die zum Copernicus-Programm der EU gehören und seit 2016 frei verfügbar Infos über die Atmosphäre, Landoberfläche und Wasserverfügbarkeit liefern. Zusammen mit Wetterdaten ergeben sich hier neue Möglichkeiten, um Entscheidungen der Landwirte technologisch zu unterstützen.

„Der richtige Zeitpunkt für die Ernte ist immer eine Abwägung“, so Schaumberger. Die Ertragsmasse nimmt mit der Zeit zu, während der Rohproteingehalt abnimmt. „Der Ertrag einer Grünlandbewirtschaftung ist ja viel schwerer abzuschätzen als etwa im Ackerbau“, sagt der Experte. Denn pro Saison wird mehrmals gemäht, zwei bis sechs Schnitte sind möglich je nach Region. Als Ertrag zählt aber das Frischmassegewicht kaum, wichtig sind das Trockenmassegewicht und die Qualität, die dem Vieh verfüttert wird. Man kann also bei Grünland-Ernten nicht einfach über eine Waage fahren, um den Ertrag des ganzen Jahres zu bestimmen. Daher sammelt das SatGrass-Projekt nun Vergleichsdaten von den 170 Standorten, die mit einer eigens entwickelten Smartphone-App anonymisiert zu den Forschern geschickt werden. Interessierte Grünlandwirte können sich auch jetzt noch an den Forschungen beteiligen: Die SatGrass-App gibt es kostenlos im Google Play Store, um Infos wie Datum von Schnitt und Futterbergung zu melden. Das Wissen über die Vitalität des Bestands hilft nicht nur den einzelnen Betrieben, ihr Management zu verbessern. Der gesammelte Datenberg soll auch agrarpolitische Entscheidungen auf Bezirks- oder Bundeslandebene erleichtern und Ertragsschwankungen weit sichtbar machen.1,34 Millionen Hektar sind in Österreich als Grünland bewirtschaftet, das ist knapp die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

53.000 Betriebe (überwiegend kleinstrukturiert) bewirtschaften diese Grünlandwirtschaft.

> 170 Standorte in ganz Österreich beteiligen sich bisher an dem Projekt SatGrass: Hier werden regelmäßig Versuchsernten auf drei Quadratmetern durchgeführt. Die Daten über Frischmasse, Trockenmasse und Proteingehalt fließen zusammen mit Wetter- und Satellitendaten in die Modelle ein.

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