Strafe

Mehr als nur „Neckerei“: Anwalt darf Kollegin nicht belästigen

Wien Oberster Gerichtshof OGH
Wien Oberster Gerichtshof OGH(c) imago/blickwinkel (imago stock&people)
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Der Disziplinarrat der Kammer hatte den Juristen noch freigesprochen. Der Oberste Gerichtshof macht aber klar, dass das Verhalten des Mannes in der Kanzlei völlig unangebracht war.

Wien. Das sei doch nur kindliche Neckerei gewesen, ein „feuchter Fuzzi“, meinte der Anwalt. Und tatsächlich hatte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien gemeint, der Mann gehöre freigesprochen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) macht aber nun klar, dass das Geschehene sehr wohl eine Belästigung ist. Und dass es zum Ansehen eines Anwalts gar nicht passt, wen man seinen Finger mit Speichel befeuchtet, um anschließend mit demselben Finger die Haut einer in der Kanzlei arbeitenden Studentin zu berühren. Aber was ist genau passiert und welche Strafe erhält der Anwalt nun?

Der Kammeranwalt – eine Art Staatsanwalt bei Disziplinarvergehen – hatte sich an die Richter gewandt. Denn der völlige Freispruch des Disziplinarrats war für ihn nicht nachvollziehbar. Dieser war zwar zum Schluss gekommen, dass der Mann entgegen den Vorwürfen bei der Frau tatsächlich nicht „mit der Zunge von hinten den Hals abschleckte“, sie nicht „mit der Zunge vom Kinn bis zum Auge abschleckte“ und ihr auch nicht „mit einem mit seinem Speichel angefeuchteten Zeigefinger den Hals entlangfuhr und sie wiederholt an der Brust berührte“. Aber der Mann tat laut den Feststellungen des Disziplinarrats zwei bis drei Mal etwas anderes Merkwürdiges. Nachdem er seine Finger mit Speichel angefeuchtet hatte, fuhr er der Frau mit dem nassen Finger über die Wange und steckte ihr seinen feuchten Mittelfinger in ihr Ohr. So etwas sei aber „gerade noch“ nicht zu ahnden, meinte der Disziplinarrat.

Die Vorfälle geschahen zu einem Zeitpunkt, als der heutige Anwalt noch Rechtsanwaltsanwärter gewesen ist. Überdies sei alles nur im Rahmen seines freundschaftlichen Verhältnisses zu der studentischen Mitarbeiterin erfolgt, betonte der Jurist. Tatsächlich stellte der Disziplinarrat fest, dass der Anwaltsanwärter und die studentischen Mitarbeiterinnen „auch in der Kanzlei einen freundschaftlichen, ungezwungenen Umgang“ pflegten. Aber die Verteidigungstaktik des Mannes verharmlose die Vorfälle trotzdem, betonten die Höchstrichter.

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