Rechenbeispiele

Wie viel bringt die Steuerreform dem Einzelnen, Herr Minister?

Ab 1. Juli 2022 müssen die Österreicher für ihren CO2-Ausstoß eine zusätzliche Steuer bezahlen.
Ab 1. Juli 2022 müssen die Österreicher für ihren CO2-Ausstoß eine zusätzliche Steuer bezahlen. (c) Tobias Steinmaurer / picturedesk.com (Tobias Steinmaurer)
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Woher kommen die 18 Milliarden Euro an Entlastungen, die die Regierung bis 2025 verspricht? Und was bedeutet die Reform für den einzelnen Bürger? Ein Überblick.

Die türkis-grüne Regierung hat ihre „ökosoziale Steuerreform“ präsentiert - Superlative inklusive. Geht es nach Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) handelt es sich um  „die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik“, die bis 2025 Entlastungen in der Höhe von mehr als 18 Milliarden Euro bringen soll. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ortet einen „völligen Systemwechsel“. Geht es nach Opposition und Ökonomen, wurde eine „Mogelpackung“ vorgestellt.

Doch wie viel bringt nun die Reform und woher kommt das Geld dafür? So einiges und „aus dem Wachstum“, lautete die Antwort von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Montag im Ö1-„Morgenjournal.

Konkret: „Wir entlasten, wir sparen nicht“, betonte er, damit „unter'm Strich am Ende des Tages jeder mehr haben“ wird und „sich noch mehr holen kann, wenn er umweltfreundliches Verhalten an den Tag legt“. Für letzteres sorgen soll die ab 1. Juli 2022 geltende Steuer auf den CO2-Ausstoß. Der Einstiegspreis beträgt 30 Euro pro Tonne und steigt dann bis 2025 auf 55 Euro. Umgerechnet auf den einzelnen Autofahrer bedeutet das, dass in der ersten Stufe acht Cent pro Liter mehr bezahlt werden müssen.

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Wo beginnt das Land? Was umfasst der Bonus?

Dass Ökonomen kritisieren, dieser Betrag sei zu gering, um die Menschen dazu zu bewegen, ihr Auto stehen zu lassen, ließ Blümel nicht gelten: „Wenn Sie am Land wohnen und nicht die U-Bahn vor der Tür haben, werden Sie weiterhin auf das Auto angewiesen sein“, aber „deswegen gibt es den regionalisierten Öko-Bonus plus eine Entlastung für die Leute, die arbeiten gehen“.

Wo aber beginnt „das Land“ und wie ist der Bonus ausgestaltet? Blümel verwies diesbezüglich auf die Statistik Austria. Diese habe man beauftragt, eine Typologisierung auszuarbeiten, welche den „Urbanisierungsgrad und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr“ abbilden soll. Daraus sollen sich dann die unterschiedlichen Stufen des Bonus ergeben. Denn, klar sei, dass in Wien, wo das öffentliche Netz umfassender sei, die Werte andere sein müssten, als in weniger angebundenen Gegenden „wie dem Südburgenland oder dem niederösterreichischen Waldviertel“.

Nach einem Beispiel gefragt - was die Reform etwa für jemanden bedeute, der in Mödling oder Perchtoldsdorf wohnt und täglich mit dem Auto nach Wien pendelt, obwohl er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren könnte -, blieb Blümel die Details schuldig: „Die Typologie wird in den nächsten Tagen veröffentlicht werden. Ich würde Sie bitten, die einzelnen Gemeinden dann dort herauszulesen.“

Detailliertere Angaben hatte das Finanzministerium indes parat, wenn es darum geht, wie viel die Steuerreform Pensionisten, einem Ehepaar mit zwei Kindern, Alleinerziehenden mit einem Kind oder einem Ehepaar ohne Kind bringen wird (siehe nachfolgende Rechenbeispiele):

Über die Kritik an der Reform „gar nicht“ frustriert, gab sich neben Blümel am Montag auch Vizekanzler Kogler. Man läute einen völlig neuen Weg ein, meinte er am Montag im ORF-Radio mit Blick auf die CO2-Bepreisung. Letztere wirke „jetzt schon mit der Ankündigung“. Denn: Es gehe darum, dass ein Preispfad vorhanden sei, mit dem gerechnet werden könne. Und: Das Geld, das so hereingeholt werde, gehe dann als „Klima-Bonus“ an die Menschen zurück.

Die Frage, wie gerecht dieser Bonus ausgestaltet sei (immerhin könnte es sein, dass jemand, der am Land wohnt und sich ein Auto leisten könne, mehr Geld bekommt, als jemand, der in der Stadt lebt, wenig verdient, zwar mehr öffentliche Transportmittel zur Verfügung hat, aber mehr zahlt für seine teurer werdende Öl-Heizung), beantwortete Kogler folgendermaßen: „Das sind zwei unterschiedliche Dinge.“

Zunächst wirke sich „der Preis auf das Endprodukt aus - auf Gas und das Mineralöl. Das ist ja richtig und beabsichtigt“. Wer also am Land lebe und ein Auto habe, „das viel verbraucht, der zahlt durch die höheren Mineralölsteuern und die CO2-Bepreisung“. Zum zweiten gehe es um die „Mobilitätskomponente“, also darum, wie viel öffentlicher Verkehr vorhanden sei. Sein Fazit: „Alle können durch ihr Verhalten das so steuern, ob Ihnen am Ende von diesem Klima-Bonus etwas übrig bleibt oder nicht.“ 

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