Saisonstart mit Stars im MuTh. Michael Schade singt Schubert auf Indisch, die Geigen klingen philharmonisch, „Der Nino aus Wien“ und „Wanda“-Sänger Marco Fitzthum geben sich klassisch.
Klassik heißt ein zentrales Kapitel im Saison-Programm des MuTh im Wiener Augarten. Dort, wo einst schon Mozart und Beethoven ihre Kompositionen präsentierten, die das, was wir unter „Klassik“ verstehen, definierten. Genauer, die „Wiener Klassik“. Denn „Klassik“ per se ist weit mehr, meint Kunst auf der Höhe ihrer Zeit, den zeitlosen Kontrapunkt zu Moden und Strömungen, die bald wieder vergehen, ist allgemein Gültiges, nachhaltige Kunst. Die Zyklen des MuTh führen das in der ganzen Vielfalt vor. Das Programm ist spannend, anregend und überraschend. Denn wann hat man schon die Gelegenheit, in höchster Wiener philharmonischer Vollendung, mit Schuberts Forellenquintett zu hören, was dem Komponisten dafür Modell und Vorbild war. Nämlich Johann Nepomuk Hummels Klavierquintett in es-Moll, damals ein Hit, heute nur mehr in musikhistorischer Erinnerung.
Klassik unter Strom
Der oberösterreichische Amateurcellist Silvester Paumgartner bat nämlich Schubert, das Lied „Die Forelle“ in Form und Besetzung Hummels kammermusikalisch zu verarbeiten. Wie das Modell für Schuberts Meisterwerk klingt, lässt sich hier nun erleben! Der Cellist Franz Bartolomey bat dafür seine einstigen philharmonischen Weggefährten Volkhard Steude, Wilhelm Landerer und Herbert Mayr sowie die wunderbare Pianistin Jasminka Stancul zu diesem kammermusikalischen Gipfeltreffen.
Eine Generation jünger, und mindestens so hochkarätig, wird dann Ludwig van Beethoven nachträglich noch einmal herzlich zum 250er gratuliert: Sohn Matthias Bartolomey setzt mit Geiger Benjamin Schmid und Pianistin Ariane Haering in zwei Konzerten fort, was diverse Lockdowns verhindert haben. Sie vollenden ihr im Zyklus „Franz und Matthias Bartolomey“ begonnenes „Tribute to Beethoven“.
Was hier streng klassisch begeistert, führt dort der Geiger Johannes Fleischmann in seinen Konzerten lustvoll bis an die Grenzen. Filmmusik ist da nur eines der Stichworte, das den Horizont weitet. Etwa wenn zum Auftakt von Fleischmanns Konzertreihe, im Porträtkonzert das vielfältige Werk von Paul Gallister vorgestellt wird. Der Wiener Jahrgang 1984 hat nicht nur eine klassisch „klassische“ Musikausbildung, sondern ist ebenso im Reich der Filmmusik, der Elektronik und des Indie Pop zu Hause. Er reüssiert dazu als Produzent, unter anderem der Band „Wanda“ oder des Liedermachers „Der Nino aus Wien“, der ebenso so wie „Wanda“-Sänger Marco Fitzthum in diesem Tribute für Gallister im MuTh auftritt.
Franz Schuberts Indien
In das Reich der Filmmusik taucht Johannes Fleischmann ein zweites Mal, gemeinsam mit der Pianistin Magda Amara und dem Bariton Günther Haumer, ein, wenn er sein preisgekröntes Album „Exodus“ erstmals zur Gänze in Wien präsentiert. Auf diesem Album rückt er den vergessenen Stellenwert der vertriebenen Filmmusikgrößen Erich Wolfgang Korngold und Eric Zeisl wieder in unser Bewusstsein.
Apropos Gesang. Der ist bei Tenor Michael Schade bekanntlich in allerbesten Händen. Der Weltklassetenor und österreichische Kammersänger ist dem MuTh seit langem verbunden. Er lässt es sich daher nicht nehmen, im Augarten als indischer König in Franz Schuberts „Shakuntala“ aufzutreten. Das Werk kennen Sie nicht? Es ist auch ein kaum bekanntes Fragment, dessen Autograph sich in der Wiener Rathaus-Bibliothek erhalten hat. Bei „Sakontala“ oder „Shakuntala“ handelt es sich um einen von Schuberts Opernversuchen, den er aus bis heute unbekannten Gründen abgebrochen hat. Es ist ein alter indischer Stoff, um die schöne Shakuntala, die harte Prüfungen für ihre Liebe zu bestehen hat. Die wunderbare Cornelia Horak singt diese Rolle an der Seite von Michael Schade. Der Tenor begann seine Gesangskarriere übrigens in seiner Heimat Kanada im Knabenchor, so wie auch Franz Schubert Sängerknabe war. Deren künstlerischer Leiter, Gerald Wirth, hat das „Shakuntala“-Fragment behutsam spielbar gemacht.
Wirth dirigiert auch die österreichische Erstaufführung im MuTh, bei der der Chorus Juventus, der Chor aller Schülerinnen und Schüler des Oberstufenrealgymnasiums der Wiener Sängerknaben, mitwirkt. Die indischen Farben steuert die berühmte Kathak-Tänzerin Shovana Narayan bei. Eine zauberhafte Rarität, die man nicht versäumen sollte. Michael Schade und einige Schülerinnen und Schüler des Oberstufenrealgymnasiums der Sängerknaben, sorgen dann auch noch für einen vorweihnachtlichen Höhepunkt im MuTh-Programm, wenn sie bei Musik von Mozart und Schubert sowie zu weihnachtlichen Klängen auf dem Salterio, einer barocken Kastenzither, gespielt von der Spezialistin Franziska Fleischhanderl, begleitet werden.
Im Jänner zieht dafür wieder ein Schwan ins Land. Nein, nicht der aus Wagners „Lohengrin“, sondern jener aus der kunterbunten, klangvollen Menagerie von Camille Saint- Saëns’ „Karneval der Tiere“. Der Geiger Christian Altenburger, der sein Können an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien an die Jungen weitergibt, steht dabei an der Spitze seiner Studenten. Mit auf diese Reise, die auch bei Mozart und Penderecki Halt macht, gehen noch Dorothy Khadem-Missagh am Klavier sowie der Weltklasse-Klarinettist Christoph Zimper und Dominik Wagner am Kontrabass.
Ihre ganze Meisterschaft führen die Mitglieder des Minetti-Quartett, Maria Ehmer und Anna Knopp (Violine), Milan Milojicic (Viola) und Leonhard Roczek (Violoncello), seit vielen Jahren im MuTh ihrem Publikum vor. In der neuen Saison stellen sie die Musik der Wiener Klassiker, Haydn, Mozart und Beethoven, klassisch gewordenen Werken der Kollegen Schumann, Schubert, Schostakowitsch und Kurtág sowie zum Start eine Novität der jungen Komponistin und Grafikerin Ángela Tröndle zur Seite und gegenüber.
Philharmonische Stafette
Generationenübergreifend zeigt sich auch der Konzertmeister der Wiener Philharmoniker Volkhard Steude. Für Kompositionen von Schubert, Debussy, Pauline Viardot und Grieg, die schicksalhaften Lebensmomenten entsprangen, hat er sich die intensive Pianistin Barbara Moser als Partnerin geladen. Mit der temperamentvollen Catalina Butcaru geht es durch die Welten des Ostens bei Enescu, Bartók, Szymanowski und Brahms. Zum Finale steht Volkhard Steude dann mit seinen ebenfalls Violine spielenden Söhnen Eduard und Lorenz auf der Bühne des MuTh und gibt die Wiener philharmonische Klangtradition bei Mozart, Spohr, Ravel und Schostakowitsch weiter. So geht die Beweisführung, wie schön, begeisternd und reich die Klassik für jedes Alter sein kann.
DAS MUTH
Konzertsaal, Bühne & Programm
Am Augartenspitz 1
1020 Wien
Karten- & Info-Hotline
Tel: +43 1 347 80 80
Montag bis Freitag (werktags) 10:00 – 18:30 Uhr
Mail: tickets@muth.at
Online buchen: www.muth.at/kalender