Deutschland

Die FDP zieht rote Linien: "Keine Steuererhöhungen"

Wissing mit Parteichef Lindner am Tag nach der deutschen Bundestagswahl.
Wissing mit Parteichef Lindner am Tag nach der deutschen Bundestagswahl.REUTERS
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Alles bleibt in Bewegung beim deutschen Koalitionspoker. Die Grünen reden am Montag erstmals nach der Wahl mit der Union. Die SPD drängt auf rasche Einigung, die FDP zieht rote Linien.

Neue Woche, neues Glück. Die Sondierungsgespräche über die kommende deutsche Regierung gehen weiter. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hofft, dass FDP und Grüne sich schnell für Gespräche mit seiner Partei zur Bildung einer Ampelkoalition in Deutschland entscheiden. Dann solle es "endlich losgehen", sagte Klingbeil am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Die FDP setzt nach der ersten Sondierungsrunde allerdings weiter auf Abstimmung mit den Grünen. Auch deren Bundesgeschäftsführer Michael Kellner kündigte an, erst alle Sondierungsgespräche abwarten zu wollen.

"Dann ziehen wir einen Strich darunter und schauen, wie es weitergeht", sagte Kellner in der ZDF-Sendung. Die Grünen sprechen erst am Dienstag mit CDU und CSU. Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte im ZDF, dass seine Partei erst einmal das Gespräch zwischen Union und Grünen abwarten wolle. Dann werde es eine interne Auswertung geben. "Denn ein Verhaken zwischen Grünen und FDP wäre der sichere Weg in die Große Koalition", sagte er. Das wolle niemand.

Wissing betonte außerdem, dass die FDP nicht von ihrer Position abrücken wolle, dass es keine Steuererhöhungen geben soll. "Die FDP hat das klar gesagt, und die FDP rückt von dieser Position auch nicht ab", sagte er. Dass die Steuerpolitik immer eine große Hürde für Koalitionen sei, das wisse man. Die Parteiprogramme seien an dieser Stelle klar unterschiedlich. Die FDP sei hier inhaltlich näher an CDU und CSU. "Aber der Umsetzungswille der Union in der Vergangenheit, was Steuerreformen angeht, war auch überschaubar", sagt Wissing.

Klingbeil: „Geht nicht darum, rote Linien zu formulieren"

Klingbeil sprach sich im "Morgenmagazin" erneut gegen eine Fortsetzung der Großen Koalition aus SPD und Union aus. Er sei der "festen Überzeugung, dass die Konservativen auf die Oppositionsbank gehören", sagte er. Allerdings sei er auch gegen inhaltliche Vorfestlegungen bei den Sondierungsgesprächen für eine Ampel-Koalition. "Es geht jetzt gar nicht darum, rote Linien zu formulieren", sagt Klingbeil. Es gehe darum, die großen Herausforderungen für Deutschland zu meistern. Dass Zwölf-Euro-Mindestlohn, bezahlbares Wohnen und stabile Renten sehr wichtige Fragen für die SPD seien, das wisse man.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rechnet jedenfalls mit einer Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP. "Ich bin fest davon überzeugt: Wir bekommen ein Ampel-Bündnis," sagt Lauterbach am Sonntagabend in Bild TV. Dies sei ein sehr gutes Bündnis: "Moderne Sozialpolitik der SPD, aggressive Umweltpolitik der Grünen, Digitalisierungs- und Freiheitsrechte der FDP." Eine mögliche Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP wäre seiner Meinung nach dagegen nicht lange stabil.

Rechnerisch möglich sind nach der Wahl vom 26. September neben einem Bündnis von SPD und Union sowohl eine Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP als auch ein Jamaika-Bündnis unter Führung der CDU/CSU. Am Sonntag hatte die SPD mit den beiden kleineren Parteien getrennt erste Sondierungsgespräche geführt, die Union sprach mit der FDP. In den Tagen zuvor hatten sich die Sondierer von Grünen und FDP bereits zwei Mal getroffen.

Indes kamen am Montagvormittag die Sondierungsteams des Wahlsiegers SPD und der CDU zu Gesprächen zusammen. Am Nachmittag wollen sich dann SPD und FDP treffen. Erwartet werden jeweils rund fünfstündige Gespräche - so wie bei den bisherigen Sondierungstreffen mit Grünen und Linken. Auch Grüne und Linke haben für Montagvormittag ein Gespräch vereinbart.

str

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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