Westbalkan

Kompromiss im Streit um Erweiterungspolitik der EU

Beim EU-Westbalkan-Gipfel am Mittwoch soll erstmals schriftlich festgehalten werden, dass sich die EU weiter zu dem begonnenen Erweiterungsprozess bekennt.

Die EU-Staaten haben sich auf einen Kompromiss im Umgang mit den EU-Beitrittshoffnungen der sechs Westbalkan-Länder geeinigt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll beim EU-Westbalkan-Gipfel am Mittwoch in Slowenien erstmals schriftlich festgehalten werden, dass sich die EU weiter zu dem begonnenen Erweiterungsprozess bekennt. Zugleich soll aber betont werden, dass die Fähigkeit zur Integration neuer Mitglieder eine Weiterentwicklung der EU voraussetzt.

Mit dem Zusatz will sich nach Angaben von Diplomaten vor allem die Regierung in Paris die Möglichkeit offenhalten, die Aufnahme neuer Mitglieder zu blockieren, wenn sich die EU in den kommenden Jahren aus französischer Sicht als nicht reformfähig erweisen sollte. Die Beitrittsaspiranten Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie das Kosovo haben damit weiter keine absolute Klarheit über ihre Chancen auf einen EU-Beitritt.

Über den Kurs der EU bei dem bevorstehenden Westbalkan-Gipfel war bis Montag tagelang hinter verschlossenen Türen gerungen worden. Gipfelgastgeber Slowenien forderte laut Diplomaten zuletzt nicht nur ein Bekenntnis zum Erweiterungsprozess, sondern auch, den Westbalkanstaaten eine Aufnahme bis 2030 in Aussicht zu stellen. Andere Staaten wie Frankreich und die Niederlande lehnten dies hingegen vehement ab. Sie argumentieren, dass die meisten Westbalkan-Staaten aller Voraussicht nach bis dahin nicht in der Lagen seien, die notwendigen Reformen so schnell umzusetzen.

Zudem hält vor allem Paris die Europäische Union wegen ungelöster Probleme in den eigenen Reihen für derzeit nicht erweiterungsfähig. So wird beispielsweise befürchtet, dass eine Erweiterung um sechs weitere Länder die schon jetzt oft sehr zeitraubenden Entscheidungsprozesse noch schwieriger machen könnte.

Schallenberg fordert „Aufbruchssignal"

Österreich und andere Länder argumentieren dagegen, dass ohne eine glaubwürdige Beitrittsperspektive ein Vakuum in der Region entstehen könnte, das andere Staaten wie die Türkei oder China füllen würden. Der Westbalkan-Gipfel müsse "ein Aufbruchssignal sein mit der klaren Botschaft an die sechs Länder in der Region, dass ihre Zukunft in der Europäischen Union liegt", forderte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in der "Welt" (Dienstag). Es gebe keine Alternative zur Vollmitgliedschaft und die Beitrittsverhandlungen dürften "kein unendlicher Prozess sein", sonder "eine klare Ziellinie" müsse erkennbar sein.

Der informelle EU-Gipfel im slowenischen Brdo bei Kranj beginnt am Dienstag. Am Abend treffen sich die EU-Spitzen, darunter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), zu einem Austausch über außenpolitische Schwerpunkte wie Afghanistan und den umstrittenen amerikanisch-britisch-australischen Indo-Pazifik-Pakt AUKUS. Am Mittwoch geht es beim Westbalkangipfel dann um die Beitrittsperspektive der sechs Staaten.

(APA/dpa)

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