Untersuchungsbericht

"Sie müssen bezahlen": 330.000 Missbrauchs-Opfer im Kirchen-Umfeld Frankreichs

A woman walks into the Saint-Sulpice church in Paris
A woman walks into the Saint-Sulpice church in ParisREUTERS
  • Drucken

Ein Drittel aller Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Frankreichs seien Vergewaltigungen gewesen, großteils an Buben. Das haben Berechnungen einer Untersuchungskommission für die Jahre seit 1950 ergeben.

In der römisch-katholischen Kirche in Frankreich sind seit den 1950er Jahren nach Berechnungen einer Untersuchungskommission 216.000 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch geworden. Unter Einbeziehung der von der Kirche betriebenen Einrichtungen könne man von 330.000 Opfern ausgehen, sagte der Präsident der Unabhängigen Missbrauchskommission in der Kirche (CIASE), Jean-Marc Sauvé, am Dienstag in Paris. Die Zahlen seien "erschütternd".

80 Prozent der Opfer seien Buben im Alter zwischen 10 und 13 Jahren gewesen, 20 Prozent Mädchen unterschiedlicher Altersgruppen. Bei den Taten habe es sich in fast einem Drittel der Fälle um Vergewaltigungen gehandelt. "Die Zahlen sind erschütternd und können nicht folgenlos bleiben", sagte der Kommissionspräsident. Die Opfer hätten Leiden, Isolation und oft auch Scham und Schuldgefühle erlitten. Knapp die Hälfte von ihnen litten auch nach vielen Jahren noch unter den Folgen.

Papst bete um Trost und Hilfe für die Opfer

Der Papst ist von den französischen Bischöfen, mit denen er in den vergangenen Tagen im Zuge der Ad-limina-Besuche zusammengetroffen ist, über die Veröffentlichung des Berichts informiert worden. Franziskus habe den Inhalt des Berichts "mit Schmerz zur Kenntnis genommen", so der vatikanische Pressesprecher Matteo Bruni am Dienstag.

Die Gedanken des Papstes würden in erster Linie den Opfern gelten. Der Heilige Vater drückte den Opfern "Dankbarkeit für ihren Mut zur Anklage" aus. Er äußerte die Hoffnung, dass die Kirche Frankreichs im Bewusstsein dieser schrecklichen Realität "einen Weg der Erlösung" beschreite.

"Mit seinem Gebet vertraut der Papst dem Herrn das Volk Gottes in Frankreich an, insbesondere die Opfer, damit er ihnen Trost und Hilfe schenkt und durch die Gerechtigkeit das Wunder der Heilung geschieht", so Bruni.

„Sie müssen für diese Verbrechen bezahlen"

Der Gründer des Opferverbandes La Parole Libérée (Das befreite Wort), François Devaux, mahnte die Kirche bei der Vorstellung des in Frankreich mit Spannung erwarteten Berichts: "Sie müssen für alle diese Verbrechen bezahlen." Dabei werde es um Milliardensumme gehen.

Die Französische Bischofskonferenz wiederum kündigte nach der Vorstellung der Studie Konsequenzen an. "Angesichts so vieler zerrütteter, oft zerstörter Leben schämen wir uns und sind entrüstet", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Éric de Moulins-Beaufort, am Dienstag. Man werde alle erforderlichen Schritte einleiten, damit sich ein solcher Skandal nicht wiederhole. Auf der Sitzung der Kirchengremien im November sollten Maßnahmen getroffen werden.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.