Urteil

Ungarin verweigerte Lenkerauskunft: EuGH erzwingt grenzüberschreitende Bestrafung

Nach einem Urteil des EU-Höchstgerichts (EuGH) muss ein ungarisches Gericht eine österreichische 80-Euro-Strafe ungeprüft anerkennen und vollstrecken.

Der Gerichtshof der Europäischen Union verpflichtet Ungarn, bestimmte Strafverfügungen aus Österreich auch dann anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn die gleiche Strafe in Ungarn möglicherweise nicht vorgesehen wäre. Betroffen war eine Ungarin, die gegenüber den österreichischen Behörden eine Lenkerauskunft verweigert hatte.

Die Frau war Besitzerin eines Autos, mit dem im Juni 2018 im steirischen Gleisdorf ein – nicht näher genanntes – Straßenverkehrsdelikt (z. B. Geschwindigkeitsübertretung) begangen worden war. Sie wollte der Bezirkshauptmannschaft Weiz nicht verraten, wer zu dem Zeitpunkt das Auto gelenkt hatte. Dafür wurde die Ungarin in Österreich bestraft: Sie sollte 80 Euro zahlen, war hier aber nicht greifbar.

Kreisgericht zögerte mit Vollstreckung

Zur Vollstreckung übermittelte die Behörde deshalb den Strafbescheid dem Zalaegerszegi Járásbíróság (Kreisgericht Zalaegerszeg). Dieses Gericht bezweifelte aber, dass die Bezirkshauptmannschaft das von der Frau begangene Delikt richtig eingeordnet habe: Es handle sich um eine Weigerung gegenüber einer Behörde, nicht aber um eine „gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise“. Und nur diese dürfen nach einem Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen nicht mehr in Frage gestellt werden.

Wie der EuGH in seinem heute veröffentlichten Urteil (C-136/20) entschieden hat, darf das Kreisgericht die Anerkennung und Vollstreckung der von den österreichischen Behörden übermittelten Sanktionsentscheidung nicht verweigern. Nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der dem Rahmenbeschluss zugrunde liege, müssten die Gründe, diese zu verweigern, eng ausgelegt werden. Die Behörde des Vollstreckungsstaats sei deshalb an die Beurteilung des jeweiligen Verstoßes an die Einschätzung der Behörde des Entscheidungsstaats gebunden.

Im gerichtlichen Strafrecht läge der Fall anders: Dort gilt der Grundsatz der doppelten Strafbarkeit, wonach eine im Ausland verhängte Strafe nur dann im Inland vollstreckt werden, kann wenn die betreffende Tat auch hier strafbar ist.  

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