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"Was muss noch passieren?": SPÖ und FPÖ planen Misstrauensantrag gegen Kurz

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner
SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagnerimago images/SEPA.Media
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SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will keine Neuwahlen, fordert aber den Rücktritt von Kanzler Kurz. Auch für FPÖ und Neos ist der Regierungschef „amtsunfähig“ geworden.

Der Geduldsfaden der Oppositionsparteien ist gerissen: FPÖ-Chef Herbert Kickl und Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger nennen Bundeskanzler Sebastian Kurz nach den am Mittwoch erfolgten Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und in der ÖVP-Zentrale als Regierungschef „untragbar" und „amtsunfähig". Ebenso die SPÖ: „Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik ist das Kanzleramt Ziel einer Razzia geworden“, sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Donnerstag. Schwerwiegende Vorwürfe lägen am Tisch und erforderten „einen Neuanfang für Österreich“ sowie „einen Neuanfang der ÖVP“.

Die SPÖ werde daher in der kommenden Sondersitzung des Nationalrates einen Misstrauensantrag einbringen - ein Vorhaben, das sie mit den Freiheitlichen teilt. Er werde sich jedenfalls gegen Kurz richten, ob auch weitere türkise Regierungsmitglieder davon betroffen sein werden, „werden wir in den kommenden Tagen entscheiden“, präzisierte Rendi-Wagner. In diesen, wie auch schon in den nächsten Stunden, werden die Sozialdemokraten nicht nur mit FPÖ und Neos deswegen Gespräche führen, sondern auch mit den Grünen.

Denn die Grünen seien nun das Zünglein an der Waage, so die SPÖ-Chefin. Sie müssten entscheiden, „ob sie weiter Partner einer ÖVP bleiben wollen, Partner im System Kurz bleiben wollen“. Eines sei dabei klar: „Es ist eine Richtungsentscheidung.“ Das Land und die Bevölkerung hätten sich Stabilität verdient. „Ich halte nichts von Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt“, betonte Rendi-Wagner, aber: Eben diese Stabilität und Sicherheit sei mit Kurz nicht mehr vereinbar. Immerhin gehe es bei den gegen ihn erhobenen Vorwürfen „um Anstiftung zur Untreue, um Bestechlichkeit - das ist nicht nichts“, sagte Rendi-Wagner. „Ja, es gilt die strafrechtliche Unschuldsvermutung, aber es gibt auch eine politische Verantwortung und ich frage mich schon: Was muss noch passieren, damit Kurz endlich die Konsequenzen zieht und sein Amt niederlegt?"

Kickl: „Skurriler Beweis für fehlendes Problembewusstsein“ 

Ähnlich deutlich war zuvor FPÖ-Obmann Kickl geworden: „Wir werden uns Gesprächen, deren Ziel es ist, im Interesse der Bevölkerung die politische Hygiene in Österreich wiederherzustellen und die Schäden, die unserem Land durch ein System der strukturellen Korruption durch die ÖVP entstanden sind, zu beheben, grundsätzlich nicht verschließen", hielt er in einer Aussendung fest. Kurz sei nach den Hausdurchsuchungen "politisch handlungsunfähig“. Der Auftritt des Kanzlers in der „ZiB2" Mittwochabend sei jedenfalls „ein skurriler Beweis für fehlendes Problembewusstsein und eine Interpretation von Politik, die die Interessen der Partei über jene des Staates stellt", gewesen, meinte Kickl.

Auch Meinl-Reisinger zeigte sich von Kurz' Auftritt „erschüttert". Dieser erkenne offenbar nicht, „wie sehr seine sture Haltung 'Es ist ja nix passiert' dem Ansehen dieses Landes und dem Amt schadet." Und: „Für die Person gilt die Unschuldsvermutung, aber für das Amt die Amtsunfähigkeit. Es gibt eine klare Amtsunfähigkeit."

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(hell/APA)

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