Studie

2020: Ein Jahr in dem die Welt erschreckend reicher wurde

Auf mehr Vermögen saßen viele.
Auf mehr Vermögen saßen viele.REUTERS
  • Drucken

Die Menschheit hat 2020 so viel Geld gehortet wie noch nie, wie der „Global Wealth Report“ der Allianz zeigt. Die Studie warnt jedoch vor zunehmender Ungleichheit.

2020 war ein Jahr voller Gegensätze: Während die globale Konjunktur dem schärfsten Einbruch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs standhalten musste, kletterten die Geldvermögen der Haushalte weltweit um 9,7 Prozent – und erreichten damit erstmals die Marke von 200 Billionen Euro. Das geht aus dem „Global Wealth Report“ der Allianz hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Ausgangssperren reduzierten die Möglichkeit zum Konsum drastisch, gleichzeitig nahmen Regierungen und Zentralbanken Unsummen zur Stützung ihrer Volkswirtschaften in die Hand. Das führte dazu, dass sich die Börsen nach den anfänglichen Krisenmonaten schnell erholten und sich auch Einkommen zunehmend stabilisieren.

Das wiederum führte dazu, dass frisch angesparte Gelder weltweit um 78 Prozent auf 5,2 Billionen Euro die Höhe schnellten. Als Haupttreiber erwiesen sich dabei Zuflüsse in Bankkonten, die sich nahezu verdreifachten. Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Fonds erhöhten sich ebenfalls, und zwar um 10,9 Prozent. „So beeindruckend die Zahlen sind, viele Haushalte sparen nicht wirklich, sondern legen ihr Geld einfach beiseite“, sagt Ludovic Subran, Chefökonom der Allianz. Aus seiner Sicht sei das eine verpasste Chance, weshalb er für „eine neue Sparkultur“ appelliert. Denn wenn Haushalte ihre Einlagen nun auflösen und das Geld in den Konsum stecken, könnten sie die Inflation damit nur weiter anheizen.

Globales Geldvermögen
Globales GeldvermögenGK

Beim privaten Nettogeldvermögen (also abzüglich der Schulden) führend waren 2020 die US-Amerikaner mit durchschnittlich 218.470 Euro pro Person – ein massiver Zuwachs von 12,9 Prozent gegenüber dem Jahr vor dem Einsetzen der Pandemie. Hinter den USA lagen die Schweiz (212.050 Euro) und Dänemark (149.240 Euro) auf den Plätzen zwei und drei. Österreich rangierte im internationalen Vergleich mit 63.590 Euro (plus 5,3 Prozent) auf Platz 16, eine im langjährigen Vergleich unveränderte Position. Hinter den österreichischen Zahlen steht ein Rekordzuwachs von angesparten Geldern im Umfang von 30 Mrd. Euro, wovon allein 20 Mrd. Euro auf Bankkonten landeten. Zwar stiegen im Vorjahr auch die Verbindlichkeiten um 3,4 Prozent und damit etwas stärker als in den beiden Jahren davor, sie blieben aber dennoch unter dem europäischen Durchschnitt.

Der globale Anstieg der Vermögen führte aber auch dazu, dass die Diskrepanz zwischen Wohlstand und Wirtschaftswachstum selten so groß war wie im Jahr eins der Coronakrise. Zuletzt sah man eine ähnliche Differenz nach der Finanzkrise, wenngleich die Vorzeichen damals umkehrt waren. Im Zuge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers schrumpfen zunächst die Vermögen aufgrund des Börseneinbruchs stark, während das globale Bruttoinlandsprodukt noch wuchs, der Einbruch erfolgte erst ein Jahr später.

Industrieländer im Vorteil

Sorge bereitet dem Versicherer die Kluft zwischen Arm und Reich. Aktuell besitzen die reichsten zehn Prozent der Welt mehr als 84 Prozent des gesamten Nettofinanzvermögens. Beim reichsten Prozent sind es immerhin fast 41 Prozent. Die Coronakrise werde die Vermögensungleichheit wohl verschärfen, sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb, warnte die Allianz. „Vieles deute darauf hin, dass die langfristigen Folgen der Pandemie, von zu wenigen Impfungen und neu geordneten Lieferketten bis hin zur schleppenden digitalen und grünen Transformation, vor allem die ärmeren Länder treffen werden“, heißt es.

Der Versicherer geht davon aus, dass Covid-19 das Wirtschaftswachstum der ärmeren Länder deutlich länger belasten wird als das der Industriestaaten. (ag./nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.