Regierungskrise

Kurz will bleiben, Kogler nennt Kurz "nicht mehr amtsfähig"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat kurzfristig zur Pressekonferenz geladen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat kurzfristig zur Pressekonferenz geladen.APA/GEORG HOCHMUTH
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Bundeskanzler Kurz sieht sich „handlungsfähig und handlungswillig“. Vizekanzler Kogler sieht das anders: Er verlangt von der ÖVP, jemand anderen als Regierungschef zu nominieren.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat nach den Beratungen mit dem türkisen Regierungsteam am Freitagabend kurzfristig zur Pressekonferenz gerufen. Rücktritt? Aufkündigung der türkis-grünen Koalition? Die Gerüchteküche kochte umgehend auf. „Es wird derzeit vieles vermischt“, begann Kurz schließlich sein Statement. Zum einen gebe es Chatnachrichten. Einige davon seien auch von ihm, „die ich heute nicht mehr so formulieren würde“, so der Kanzler. Er habe sie damals „in der Hitze des Gefechts“ so geschrieben. Zum zweiten gebe es strafrechtliche Vorwürfe gegen seine Person. „Ich bin froh, dass ich in einem Verfahren die Möglichkeit haben werde, diese strafrechtlichen Vorwürfe auch zu widerlegen“, sagte Kurz.

Er habe mit dem ÖVP-Regierungsteam darüber beraten, wie es nun weitergehen solle. „Und wir sind übereingekommen, dass wir selbstverständlich als überzeugte Demokraten akzeptieren, wenn es andere Mehrheiten im Parlament gibt.“ Gleichzeitig wolle er aber festhalten, dass die Volkspartei „handlungsfähig und auch handlungswillig“ sei.

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In „aufgeheizten Zeiten“ sei es so, dass oft übereinander gesprochen werde und weniger miteinander geredet. Er wolle daher „alles tun, um Stabilität zu gewährleisten“. Und zwar so: „Ich werde selbstverständlich alles tun, was in meiner Macht steht, um schnellstmögliche Aufklärung sicherzustellen.“ Er werde daher weiterhin mit dem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und Vizekanzler Werner Kogler (Grünen) in Gesprächen bleiben.

Kogler: „Wenn die ÖVP-Spitze sich ungerecht behandelt fühlt...“ 

Letzterer trat wenige Minuten nach Kurz gemeinsam mit der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer an die Öffentlichkeit. „Wir haben heute die Vertreter aller Oppositionsparteien eingeladen zu Gesprächen - und sind dankbar, dass die Einladungen angenommen wurden“, sagte Kogler. Man habe über das weitere Vorgehen gesprochen. Immerhin: „Es steht Korruption im Raum, es steht Missbrauch von Steuergeld im Raum“, sagte Kogler. „Hier geht's darum, dass wir mit Verantwortung für Österreich für Stabilität sorgen, für Ordnung sorgen - und auch einmal die Vorwürfe aufklären“. 

Mehr noch: Es gehe nicht nur um die strafrechtlichen Vorwürfe, sondern auch um das „schauerliche Sittenbild im Machtzentrum der ÖVP“, das mitsamt der Chatnachrichten ans Tageslicht gekommen sei. Und um den Umgang damit: „Wenn die Spitze der ÖVP sich ungerecht behandelt fühlt, soll sie sich an den Rechtsstaat wenden und nicht ständig den Rechtsstaat attackieren.“ In anderen Worten: „Der jetzige Kanzler ist nicht mehr amtsfähig“, betonte Kogler. Es sei nun an der ÖVP eine neue Person als Regierungschef oder Regierungschefin zu nominieren.

Die Frage, ob die Grünen den Misstrauensantrag unterstützen werden, beantwortete Kogler nicht mehr - zumindest nicht mit Worten.

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