Der Charme von damals

(c) Bilderbox (Erwin Wodicka)
  • Drucken

Von der Flügeltür bis zum repräsentativen Entrée: Wer nach luxuriösen Altbauwohnungen sucht, legt Wert auf kleine Details und das große Ganze.

Schön alt soll alles sein. Und ganz modern, klar! Die Interessenten für exklusive Altbauwohnungen suchen nach dem Besten beider Welten. Sie verlieben sich in die hohen Räume, wollen die Flügeltüren nicht missen, das Parkett auf dem Boden, den Stuck an der Decke. „Am liebsten ist es den Suchenden, wenn möglichst alle Originalmerkmale erhalten sind“, weiß Angela Havel, Geschäftsführerin der Immo Agency. Das gilt für die Wohnung genauso wie für das ganze Haus, von den Fenstern über die Fliesen im Stiegenhaus bis hin zum Klingeltableau der ehemaligen Portière. Aber zeitgemäßer Wohnkomfort wird ebenfalls vorausgesetzt. Das fängt bei der Dämmung an, setzt sich beim Lift fort und geht bis hin zu den Details: So möchte man natürlich durch hohe Flügeltüren das repräsentative Entrée betreten, moderne Sicherheitstechnik – nicht sichtbar nachgerüstet – wird aber genauso vorausgesetzt, weiß Havel. Und lassen sich die Türen in der Wohnung nicht mehr renovieren, werden sie eben von einem Tischler nachgebaut.

Mehr Platz, mehr Raum

Benjamin Tanil, Geschäftsführer der Riwog Real Estate Management GmbH, erklärt sich die Beliebtheit dieser Objekte – und die rege Nachfrage – so: „Diese Häuser wurden zum Teil vor über 120 Jahren gebaut und werden bis heute von den Menschen als wunderschön wahrgenommen.“ Dass damals Platz nicht nur Geld bedeutete, ist ein weiteres Argument. „Früher wurde nicht versucht, die Raumhöhe auf ein Minimum zu reduzieren, um noch ein bis zwei Stockwerke mehr unterzubringen“, sagt Tanil.

Die Altbau-Liebhaber haben eben nicht nur einen Blick fürs Detail, sondern auch das Große und Ganze im Auge, berichtet Michael Seiller-Tarbuk, Geschäftsführer von Resag Immobilienmakler. Sie achten auf „die Großzügigkeit in der Anlage, auf gute Grundrisse mit zentralen Vorzimmern und separat begehbaren Räumen, auf die Fassaden, die Entrée-Bereiche“.
„Derzeit sind vorwiegend Einheiten der Gründerzeit beziehungsweise Jahrhundertwende-Häuser auf dem Markt“, erklärt Tanil. In dieser Zeit (1848 bis 1918) errichtete sich das Bürgertum prächtige Wohnhäuser – im Stil des Historismus (Neo-Renaissance und Neo-Barock etwa). „Balkone, Erker und Kuppeln beispielsweise wurden zu wichtigen Gestaltungselementen“, beschreibt Helmut Wolkersberger, Geschäftsführer der WB Immoagentur, die Charakteristika dieser Gebäude.

„Vereinzelt finden sich auch Wohnungen in Jugendstil- und Biedermeierhäusern. Diese sind jedoch eher die Ausnahme“, ergänzt Tanil.
Bauten aus dem (Spät-)Biedermeier (1815 bis 1848) sind oft nicht so begehrt, hat Tanil bemerkt. Diese hätten den „Nachteil“ einer nur leicht gegliederten Fassade und geringerer Raumhöhen. „Aber auch für solche Objekte finden sich, eine hochwertige Sanierung vorausgesetzt, Käufer.“ Manche mögen diese Wohnungen auch sehr: Sie haben „massive Wände, Bögen und Gewölbe. Runde Tore machen das Ambiente aus, das man mit klein, gediegen, gemütlich beschreiben kann“, erzählt Havel.

Leben mit Ornamenten

Einheiten in Jugendstilhäusern wiederum, die zu Ende des Historismus errichtet wurden (um die Jahrhundertwende), sind begehrt, aber rar. Wer heute in Gebäuden mit dekorativ geschwungenen Linien und floralen Ornamenten leben möchte, muss ordentlich in die Tasche greifen. Ein Preisbeispiel: Für eine Wohnung mit 180 Quadratmeter Wohnfläche sind an die 650.000 Euro zu bezahlen.
Nach Havels Erfahrung sind es aber zumeist Gründerzeitbauten mit vielen Verzierungen, reich gegliederter Fassade und jeder Menge Stuck, die es den Wohnungssuchenden angetan haben. Dabei hat sie Interessantes festgestellt: „Auch den Käufern ausgebauter Dachgeschoßwohnungen, die ja komplett neu aufgesetzt werden, ist sehr wichtig, darunter einen Stilaltbau zu wissen“, erzählt die Expertin.

Stilvoll im Grünen

Neben den Wohnungen in möglichst innerstädtischen Standorten sind aber auch Stilvillen in Wiens grünen Lagen wie Währing und Döbling, Penzing und Hietzung beliebt, sagt Seiller-Tarbuk. Im Cottageviertel beispielsweise finden sich Häuser mit liebevoll gestalteten Fassaden oder ländlichen Elemente, die an die Sommerfrische erinnern: mit Laubsägearbeiten oder kleinen Türmen. Auch so etwas kann kosten: Allein eine Etage in einer Villa in Döbling soll aktuell für 1,1 Millionen Euro den Besitzer wechseln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wohnen

Glossar

Wohnen

3 Fragen an...

Fritz Hrusa.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.