Investieren, um reich zu bleiben

(c) Clemens Fabry
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Serie Geldanlage. Um die wenigen Wiener Zinshäuser herrscht ein regelrechtes Griss. Wer die Konkurrenten um die Objekte sind. Und wohin man ausweichen könnte.

„Ein Zinshaus kauft man nicht, um reich zu werden, sondern um reich zu bleiben.“ Diesen Spruch, der gerade jetzt wieder seine Berechtigung hat, zitiert Otto Bammer, Leiter des Studiengangs Immobilienwirtschaft der WK Wien an der FH Wien, wenn es um die Geldanlage in diese Immobilien geht. Weil alternative Investments noch nicht attraktiv oder sicher genug erscheinen, wird das Geld in Immobilien geparkt. „Zinshäuser sind in Wien ein rares Gut geworden, sie sind am Markt kaum mehr erhältlich.“ Kein Wunder, tat sich in den letzten zwei Jahren doch in keinem anderen Investmentsegment in der Bundeshauptstadt so viel wie bei diesen Objekten. 2009 etwa betrug laut EHL Immobilien das Transaktionsvolumen grundbücherlich erfasster Zinshausverkäufe rund 1,15 Milliarden Euro. Im Jahr 2008 waren es 800 Millionen Euro gewesen.

Wie steht es nun um Kaufpreise und Renditen? Welche Lagen könnten interessant werden? Und wann ist es sinnvoll, ein Zinshaus zu parifizieren? Die Trends im Überblick:

Was kostet's, was bringt's?

Nicht nur institutionelle Investoren sind in Wien unterwegs, um Zinshäuser zu suchen, auch viele Private kaufen Zinshäuser – und wollen das weiter tun. Das rege Interesse sorgt dafür, dass bei guten Objekten in guten Lagen die Nachfrage fünf Mal so hoch ist wie das Angebot. Und dies treibt natürlich die Preise in die Höhe, die Renditen fallen. Im Schnitt, so ein Ergebnis des letzten Zinshausmarktberichts der Otto Immobilien Gruppe, betrug die Steigerung an die zehn Prozent.

In der Inneren Stadt liegen die Kaufpreise bei 3200 bis 5000 Euro pro Quadratmeter – das bedeutet eine Rendite zwischen 1,8 bis 3,7Prozent. Beliebt sind auch Immobilien in den Bezirken 3 und 4 sowie 8 und 9. Dort kostet der Quadratmeter im Schnitt zwischen 900 und 2250 Euro, die Renditen liegen zwischen rund drei bis 5,5Prozent, heißt es im Zinshausmarktbericht von EHL Immobilien. In Favoriten und Simmering, wo die Preise pro Quadratmeter bei 600 bis 1000, 1500 Euro liegen, sind Renditen zwischen 4,5 und sieben Prozent zu erzielen.

Welche Lagen kommen?

Wenig Rendite für viel Geld: Diese Entwicklung führt dazu, dass sich so mancher Investor auch abseits der beliebten Lagen umsieht – um vielleicht doch ein bisschen reicher zu werden. Bei Otto Immobilien ortet man Potenzial für die Zukunft beispielsweise im 15.Bezirk, in den Grätzeln rund um den Meiselmarkt und die Stadthalle.

Weitere Trendgebiete sind für Eugen Otto, Chef des Unternehmens, auch Gebiete, in denen die Stadtentwicklung aktiv ist. „Das betrifft etwa die Gegend rund um den künftigen Zentralbahnhof, aber auch um den West- und Nordwestbahnhof. Außerdem ist das Stuwerviertel in Wien-Leopoldstadt interessant, genauso der Bereich Schlossquadrat bis hin zum Naschmarkt im fünften Bezirk.“ Worauf man sich allerdings als Privater gefasst machen sollte: Außerhalb des Gürtels ist eher das Revier der Profis – jener, die Erfahrung mit dem Bewirtschaften von Zinshäusern haben.

Wer ist die Konkurrenz?

Bei der Anzahl der Transaktionen lagen zuletzt Privatpersonen vor institutionellen Investoren wie Versicherungen. Ein Großteil der Privatverkäufe, speziell die großen Transaktionen über fünf Millionen Euro, erfolgt über Stiftungen, heißt es im EHL-Bericht. Oft seien Unternehmerfamilien dahintergestanden, die bislang nur in geringem Maß oder gar nicht auf dem Immobilienmarkt engagiert waren. Die EHL-Experten rechnen damit, dass aus dieser Käufergruppe auch heuer und kommendes Jahr mit reger Nachfrage zu rechnen ist. Derzeit nur schwach präsent sind, so ein weiteres Ergebnis der EHL-Untersuchung, börsenotierte Immobilienunternehmen oder -fonds. Was hingegen angestiegen ist: der Anteil der Transaktionen, die über „Share Deals“ abgewickelt wurden. Das bedeutet, dass die Zinshäuser in Form von Projektgesellschaften verkauft werden. Zählt man diese Verkäufe, die nicht im Grundbuch aufscheinen, zum Volumen hinzu, verzeichnet man für das Jahr 2009 einen Wert von 1,5Milliarden Euro.
Ein Trend, der ebenfalls in den letzten Jahren aufgekommen ist, ist die Parifizierung und der anschließende Abverkauf von Eigentumswohnungen in Zinshäusern – eine Möglichkeit, kurzfristig höhere Beträge zu erzielen, „statt auf den langfristigen Ertrag durch die Vermietung zu setzen“, sagt Bammer.

Zerteilen, dann kaufen?

„Da der Verkauf als Eigentumswohnung keinerlei gesetzlichen Einschränkungen unterliegt, ist diese Art der Verwertung besonders dort interessant, wo die vom Mietrechtsgesetz reglementierten Mieten deutlich unter den eigentlichen Marktpreisen liegen“, meint man bei EHL-Immobilien. Das sei etwa im ersten Bezirk, aber auch anderen gefragten innerstädtischen Lagen der Fall.

„Steht mehr als die Hälfte, oder stehen sogar zwei Drittel eines Hauses leer, übertrifft der Verkaufserlös der einzelnen Einheiten meist den Wert der ganzen Liegenschaft“, sagt Eugen Otto. Allerdings wird der Wert des Hauses geschmälert: „Institutionelle Investoren etwa haben vor allem Interesse am Erwerb einer ganzen Liegenschaft“, sagt Karl Mezera, Architekt und Gerichtssachverständiger in Wien. Außerdem muss der abverkaufende Zinshauseigentümer den Anspruch aufgeben, alleiniger „Hausherr“ und Entscheider zu sein, was die laufende weitere Bewirtschaftung betrifft.

„Zinshäuser sind oft seit Generationen im Familieneigentum“, weiß Georg Spiegelfeld, Geschäftsführer von Spiegelfeld Immobilien. „Die Familien haben dann oft die Befürchtung, die Kontrolle über das Haus zu verlieren. Denn umso mehr Miteigentümer es gibt, desto mehr Mitspracheberechtigte sind auch vorhanden – und damit höheres Konfliktpotenzial.“ Mischhäuser mit Mietern und Eigentümern seien in der Verwaltung oft „sehr komplex und mühselig“, bestätigt Mezera. Daher versuche man in vielen Fällen, zumindest die Mehrheit im Eigentum zu behalten.

Wie Eigentum begründen?

Entschließt sich ein Zinshauseigentümer zum Verkauf einer Wohnung, kommt es zu einer Parifizierung. „Dafür ist ein Sachverständigengutachten notwendig“, erklärt Christoph Kothbauer, leitender Jurist der Onlinehausverwaltung & Immobilientreuhand. „Um Wohnungseigentum zu begründen, ist außerdem der Abschluss eines Wohnungseigentumsvertrages erforderlich“, führt der Experte weiter aus. Dazu bedürfe es die Zustimmung aller Miteigentümer. Und auch in diesem Fall gilt: „Je mehr Eigentümer, umso schwieriger wird der Prozess.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2010)

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