Mit Federn, Haut und Haar

Gesetzesbruch aus Kalkül: Wie man den Rechtsstaat ruiniert

Demonstration gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz in Wien.
Demonstration gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz in Wien.APA/AFP/ALEX HALADA
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Durch das bewusste Aushebeln von rechtsstaatlichen Prinzipien durch Regierende erleben wir institutionalisierten populistischen Zynismus.

Wir wählen Regierungen, damit sie in unserem Sinn jene Regelwerke erstellen und beschließen, die unser Leben bestimmen, den Rahmen für die individuelle Freiheit und jene der anderen abstecken – richtig? Das schließt natürlich aus, dass die Regierenden selbst gegen bestehende Regelwerke verstoßen, nicht unbewusst (was uns Normalsterbliche nicht vor Strafe schützt), und bewusst schon gar nicht. Genau das geschieht aber immer öfter als augenzwinkernd akzeptierte politische Routine in unserem Schlaumeierstaat. Man beschließt Gesetze, verordnet und bescheidet, im Bewusstsein, dass diese einer Überprüfung durch die Justiz nicht standhalten werden. Rechtsstaatlich-demokratisch korrekt wäre es, zuerst jene Gesetze zu beschließen, die das als nötig erachtete Handeln legal ermöglichen. Immer öfter aber werden „Abkürzungen“ genommen. Damit hintertreiben die gewählten Hohepriester der demokratischen Prozesse höchstpersönlich die Demokratie; aus Gärtnern werden Böcke. Oft genug generiert man sich dabei auch noch recht macho-mäßig als populistischer Macher – auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit.

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Ganz offensichtliche Beispiele dafür sind die diesen Sommer in Verordnungen und Bescheide gegossenen Wolfsabschuss-Fantasien der Landesregierungen in Tirol und Salzburg. Kärnten reihte sich mit einem für ein paar Almen von August bis September gültigen Abschussbescheid unwürdig, aber durchaus ins schlechte Bild passend ein unter jene Bundesländer, die zwar im Grunde genau wissen, dass ihre Verordnungen und Bescheide rechtswidrig sind – etwa bei der Definition von Almgebieten, wo Herdenschutz nicht möglich sein soll. Sie werden aber dennoch durchgezogen, zur Beruhigung jener lauten Minderheiten, die den Kern der (unabhängig von der Partei) konservativen Wählerschaft von Schwarz, Rot und Blau bilden – nach dem Motto „Zeigen, dass man ja eh etwas tut“. So führt man bewusst rechtswidrige „wolfsfreie Zonen“ durch die Hintertür ein. Man lässt es darauf ankommen. Immerhin vergeht ja wieder Zeit, bis der Europäische Gerichtshof diese lokalpatriotische Gesetzesfolklore kippen kann. Das Ganze ist auch auf der Sachebene irrational. Es sollte langsam jedem im Lande dämmern, dass die Flinte kein Wolfsproblem zu lösen vermag.

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