Appell

Van der Bellen entschuldigt sich für „Respektlosigkeiten“

Van der Bellen entschuldigte sich bei der Bevölkerung für das "Bild der Politik"
Van der Bellen entschuldigte sich bei der Bevölkerung für das "Bild der Politik"APA/HERBERT PFARRHOFER
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen nimmt die neue Führung in die Pflicht und fordert politische Hygiene ein.

Vor der für Montag angesetzten Angelobung von Alexander Schallenberg zum neuen Bundeskanzler (und der Angelobung des neuen Außenministers) forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Sonntagabend die neue Führung auf, nun „vollen Fokus auf die Arbeit für Österreich“ zu legen

„Die Regierungskrise ist beendet. Die Arbeit für unser Land kann weitergehen.“ Er bedanke sich bei Sebastian Kurz, sagte der Bundespräsident. Dieser habe mit seinem Rücktritt als Kanzler einen Beitrag dazu geleistet, dass die „Integrität unserer Institutionen geschützt wird“. Er habe somit weiteren Schaden vom Amt ferngehalten.

Bei der Bevölkerung wollte sich Van der Bellen „in aller Form“ entschuldigen. Er werde die „Respektlosigkeit“ und das Sittenbild, das aus den bekannt gewordenen Chats des Umfelds von Sebastian Kurz entstanden sei, nicht „achselzuckend“ übergehen. „Ich entschuldige mich dafür, welches Bild die Politik hier abgegeben hat.“ Es liege nun an Kanzler und Vizekanzler, eine tragfähige Basis im Interesse Österreichs zu schaffen. „Beide tragen nun persönliche Verantwortung. Sie stehen dem Bürger im Wort.“ Handlungsfähigkeit sei nur unter der Voraussetzung von wechselseitigem Vertrauen gegeben.

Auch wenn die Krise abgewendet worden sei – nicht zuletzt dank anderer Parteien und Entscheidungsträger, die mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet hätten – so sei keineswegs alles in bester Ordnung. „Das Vertrauen in die Politik ist massiv erschüttert worden.“ Es liege an der Regierung, wieder Vertrauen wieder herzustellen. „Worte alleine genügen nicht.“: Er erwarte nun eine Phase fokussierter Arbeit, sagte Van der Bellen. Zu tun gebe es genug. Der Bundespräsident nannte neben der Pandemie („ist nicht beendet“) Budget, Arbeitsmarkt und den Klimawandel. Und die Justiz müsse selbstverständlich frei von „pauschalen Verunglimpfungen“ arbeiten können. 

Davor hatte Van der Bellen in der Hofburg getrennten Besuch der halb-neuen Regierungsspitze gehabt. Kogler, der am Vormittag Schallenberg zu einem geheimen Gespräch getroffen hatte, freute sich bei seinem Eintreffen am Ballhausplatz, "ein neues Kapitel in der Regierungszusammenarbeit aufzuschlagen". Sein Dialog mit dem künftigen Kanzler sei gut und vertrauensvoll gewesen. Auch sei es bereits ein vertiefendes Gespräch gewesen.

Kogler gab dann am Abend im Ministerium noch ein etwas ausführlicheres Statement ab, Fragen waren aber auch dort nicht erwünscht. Die vergangenen Tage seien "eine Bewährungsprobe für die ganze Regierung gewesen". Die ÖVP habe dazu beigetragen, dass die Arbeit für Österreich fortgesetzt werde. Es sei für die Volkspartei nicht immer leicht gewesen, sie habe aber rasch richtig reagiert. Ausdrücklich begrüßte Kogler den Schritt von Kurz, als Kanzler abzutreten. Die Regierung habe bisher vieles, "oft unter schwierigen Bedingungen", umgesetzt. Und es stünden "große, wichtige Entscheidungen an". Die Vorhaben der Regierung müssten im Sinne der Bevölkerung umgesetzt werden.

Dank an Oppositionsspitzen

Ausdrückliches Lob gab es auch für die Chefs der Oppositionsparteien. Diese hätten gezeigt, dass sie, wenn es darauf ankomme, "das Gemeinsame vor das Trennende stellen". Kogler betonte zudem, dass die unabhängige Justiz in der Causa Inseraten-Korruption weiter ermitteln und für Aufklärung sorgen werde.

Noch recht schweigsam war am Sonntag der neue Kanzler. Auf seinem Fußweg zum Gespräch mit Van der Bellen sprach Schallenberg gegenüber Journalisten von einer "enorm herausfordernden Aufgabe und Zeit für uns alle". Sein Avancement ist für Schallenberg eine "Überraschung".

Näheres will der Noch-Außenminister erst nach seiner Angelobung sagen, die am Montag um 13 Uhr von statten geht. Vorab tat er kund, dass man ein unglaubliches Maß an Verantwortung zeige, ohne genau zu sagen, was er damit meint.

Offen bleibt, wer das Außenministerium übernimmt. Spekuliert wurde schon eifrig. Dass Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) - sie ist derzeit für Europapolitik und Verfassung zuständig - das Außenministerium mit übernimmt, galt in ÖVP-Kreisen als eher unwahrscheinliche Variante. Stattdessen könnte ein Spitzendiplomat einspringen. An der Gerüchtebörse wird etwa der Generalsekretär im Außenministerium, Peter Launsky-Tieffenthal, gehandelt, der zwischenzeitlich unter Türkis-Blau auch als "Regierungssprecher" fungiert hatte. Aus dessen Büro hieß es, man wisse noch nichts Konkretes zur Zukunft des Ressorts. Außerdem fällt der Name seines Vor-Vorgängers Michael Linhart, er ist aktueller Botschafter in Paris, oder auch jener des aktuellen EU-Botschafters Österreichs, Nikolaus Marschik.

(Red./APA)

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