Konzerthaus

An die Musik glauben – und mit ihr

Konzerthaus Wien
Konzerthaus Wien(c) Rupert Steiner / Konzerthaus
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Zum Auftakt des RSO-Zyklus gab es Musik von und für Leonard Bernstein. Dazu eine Schöpfungsgeschichte für Klavier und Orchester. Großer Jubel!

Flehentlich reckt sie sich empor, sinkt in Demut nieder, bäumt sich wieder auf: Das Glaubensthema darf man sie wohl nennen, die ausdrucksvolle, im besten Sinn ohrwurmartige Melodie, die sich in Leonard Bernsteins Symphonie Nr. 3 aus allerlei atonaler Verzweiflung herausschält. In der Schlussfuge bündelt sie alle Kräfte der Hoffnung – in hellem, wenn auch keineswegs ungetrübtem Licht.

„Kaddish“ heißt die Symphonie, die 1963 uraufgeführt wurde, wenige Wochen nach John F. Kennedys Ermordung. Sie ist also nach dem jüdischen Totengebet benannt und benützt dessen Text. In diesem wird freilich nicht etwa wie im christlichen Requiem um die ewige Ruhe der Verstorbenen und die Aufnahme ihrer Seelen in den Himmel gefleht, sondern vor allem Gott verherrlicht, das Leben gepriesen und allgemein um Frieden gebetet. Der Tod kommt darin gar nicht vor. Der theologische Sinn dieses Paradoxons liegt im aufrechterhaltenen Lobpreis, dem Verlust eines geliebten Menschen zum Trotz. Bernstein verarbeitete das zu einem groß angelegten Werk über Theodizee und Glaubensverlust: In seiner Partitur werden drei verschiedene Vertonungen des Kaddish mit den vier Satztypen einer Symphonie verwoben. Vor allem aber tritt zu Sopransolistin, Chor, Kinderchor und Orchester eine zentrale Sprechrolle hinzu, spinnt den roten Faden durchs Werk und schwingt sich zu einer Hiob'schen Klage und Anklage auf.

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