Vorwürfe

Republik "bestohlen"? Finanzprokuratur prüft Inseratenaffäre

Screenshot aus der Anordnung der WKStA zur Hausdurchsuchung
Screenshot aus der Anordnung der WKStA zur Hausdurchsuchung(c) Presse
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Die Finanzprokuratur unterstützt das Finanzministerium bei der Prüfung der Inseratenaffäre, sagt deren Chef, Ex-Innenminister Peschorn. Und rät dazu, die Presseförderung zu überdenken.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat die interne Revision mit der Prüfung der in der Inseratenaffäre von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe beauftragt. Das sagte der Chef der Finanzprokuratur, der ehemalige Innenminister Wolfgang Peschorn, am Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum". Die Finanzprokuratur unterstütze dabei.

Jeder, der den Hinweis bekommen hat, dass er möglicherweise bestohlen wurde, hat die Verantwortung, „rasch zu untersuchen“, ob tatsächlich etwas gestohlen worden sei, sagte Peschorn. Falls die Vorwürfe stimmten, werde man versuchen, „das Geld so rasch wie möglich“ zurückzubekommen. Und: Sollte es zu einem Strafverfahren kommen, „werden wir uns diesem selbstverständlich anschließen“.

Weiters plädierte Peschorn dafür, sich den Bereich Inseratenvergabe und Presseförderung insgesamt anzuschauen. Hier könnte Steuergeld schonender eingesetzt werden: „In vielen Bereichen sollte man die Frage stellen: Brauchen wir das oder nicht?“

Der Hintergrund: Die WKStA hat Sebastian Kurz (ÖVP), mehrere seiner Vertrauten, zwei Meinungsforscherinnen und die Mediengruppe „Österreich“ ins Visier genommen. Es geht um den Verdacht auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit sowie Beitragstäterschaft dazu - und zwar im Zusammenhang mit für Kurz positive Umfragen, die im Jahr 2016 in der Tageszeitung „Österreich“ in Umlauf gebracht wurden. Bezahlt wurden sie demnach vom Finanzministerium über Scheinrechnungen mit Steuergeld. Alle Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. 

Hinweise darauf wollen die Ermittler aus Chatprotokollen haben - und zwar so viele, dass in der Vorwoche Hausdurchsuchungen, darunter im Bundeskanzleramt, durchgeführt wurden. Die in Bedrängnis geratene Verlagsgruppe reichte am Wochenende Amtshaftungsklage gegen die Republik ein. Die darin erhobenen Vorwürfe wies die WKStA umgehend zurück.

Die Folgen sind bekannt: Die Grünen nannten Kurz erst handlungs-, dann amtsunfähig und forderten von der ÖVP eine „untadelige Person“ als Regierungschef einzusetzen. Nachdem er sich zuerst geweigert hatte, kam Kurz den Rufen - nach Gesprächen mit den türkisen Regierungsmitgliedern, Länderchefs und Bundespräsident Alexander Van der Bellen - am Samstag nach und kündigte seinen Rücktritt als Kanzler an. Seinen Posten übernimmt mit dem heutigen Tag der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg, während Kurz Parteiobmann bleibt und Klubobmann wird.

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(Red./APA)

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