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Internationale Pressestimmen: "Kurz ist besser im Verführen als im Anführen"

Kurz geht - das sorgt auch für Anerkennung internationaler Medien.
Kurz geht - das sorgt auch für Anerkennung internationaler Medien.(c) Reuters (Lisi Niesner)
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Europäische Zeitungen kommentieren am Montag den Rückzug von Sebastian Kurz.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ ist sich sicher, dass Sebastian Kurz nicht mehr ins Bundeskanzleramt zurückkehren wird. Die slowenische Zeitung „Vecer“ und das spanische Blatt „El Mundo“ zeigen sich beeindruckt über den Rücktritt - der ihrer Ansicht nach im eigenen Land niemals passiert wäre.

"Frankfurter Allgemeine Zeitung":

"Sebastian Kurz muss ein weiteres Mal sein holzgetäfeltes Büro am Wiener Ballhausplatz räumen. Leicht fällt ihm das sichtlich nicht. In seiner Rücktrittsbegründung maß er dem grünen Koalitionspartner die Rolle des dolchstoßenden Brutus zu. Das ist kein gutes Vorzeichen. Sein Schritt soll ja die Voraussetzung dafür schaffen, diese Regierung überhaupt fortsetzen zu können. (...) Kurz wird trotz seines "Schritts zur Seite" maßgeblichen Einfluss behalten. Österreich ist nicht das erste Land in Europa, in dem der starke Mann das Ruder der Regierung vom Rücksitz aus bedient. Ganz glücklich ist das im Sinne der Klarheit von Verantwortung nicht, sicher auch nicht unkompliziert im Tagesgeschäft. Aber es erweist sich auch nicht als unbedingt dysfunktional oder undemokratisch. Zumal es in Wien nicht das Wunschmodell ist, sondern der Ausweg aus einer schweren Regierungskrise."

"Welt" (Berlin):

"Als Kanzler war's das für Kurz. Es ist absurd, dass es offenbar Überlegungen gibt in der ÖVP, ihn irgendwann wieder zu inthronisieren. Es wäre fatal, wenn die Partei in der Trauer über ihren verflossenen Helden dem designierten Nachfolger Alexander Schallenberg keine echte Chance geben würde. Auch Kurz sollte diesen Reflex nicht fördern. (...) Auch Kurz sollte jetzt Größe zeigen: Er muss für immer loslassen vom Amt des Kanzlers."

"Frankfurter Rundschau"

"Der Politiker Sebastian Kurz kämpft noch um seinen Machterhalt. Mit ihm als Person wird die ÖVP nicht mehr punkten können. Teile der CDU/CSU in Deutschland liebäugelten lange damit, auch in ihren Reihen nach einem Sebastian Kurz zu fahnden, der charismatisch auf einen straffen konservativen Kurs steuert - der krasse Gegenentwurf zu Kanzlerin Angela Merkel. Auch wenn die Union noch nicht in einem so schlechten Zustand ist, wie die ÖVP Mitte des vergangenen Jahrzehnts, als sie Kurz handstreichartig zu seiner " Liste" machte, dürfte die Verzweiflung in CDU/CSU inzwischen groß genug sein, dass man sich gerne von einem Charismatiker verführen ließe. Die Lehre aus dem Fall Kurz muss aber lauten: Finger weg von vermeintlichen Heilsbringern. Es ist eine Binsenweisheit: Auf nur eine Person oder kleine Cliquen zugeschnittene Machtstrukturen machen die Demokratie anfällig für Korruption und Machtmissbrauch."

"taz" (Berlin):

"Ist es Pech oder Warnung zur rechten Zeit? Das Schmierentheater in Österreich macht die Lage für die gebeutelte CDU nicht einfacher. Mit den Ermittlungen wegen des mutmaßlich gekauften Wahlkampfs der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und dem Rücktritt des schneidigen Parteichefs Sebastian Kurz als Kanzler kommt der Union der Posterboy abhanden. Kurz hat ein Politikmodell perfektioniert, das bis vor wenigen Tagen vielen in der Union als verheißungsvoller Weg aus der Krise schien. Er hat seine charismatische Persönlichkeit vor die Partei und deren dröge Gremien gestellt, und Stimmungen vor Abstimmungen und Beschlüsse. Nun wird deutlich, wie manipulierbar und missbrauchsanfällig solch ein popularitätsfixiertes Politikmodell vermutlich ist. (...) Die österreichische Regierungskrise ist hoffentlich auch eine Warnung an jene in der CDU, die vor allem auf einen neuen Leader setzen und darauf, dass sich die programmatischen Hausaufgaben dann schon von selbst erledigen. Eine solche Ab-Ku(e)rz-ung wird die inhaltliche Entkernung beschleunigen und der Partei schaden."

"Abendzeitung" (München):

"Was für ein Staats-Theater am Wiener Ballhausplatz! "Mein Land ist mir wichtiger als meine Person", hat Sebastian Kurz in seiner Rücktrittsankündigung erklärt. Das sollte wohl nach Demut klingen, doch es war nichts als Schauspielerei. Kurz stellt sein Amt nicht aus Einsicht zur Verfügung, sondern weil der grüne Koalitionspartner ihm die Gefolgschaft aufgekündigt hat. Ein wirklicher Rücktritt sieht anders aus. Kurz übergibt das Amt an einen Vertrauten, der brav den Willen des starken Mannes der Volkspartei erfüllen dürfte. Der doppelte Kanzler a.D. wird künftig nicht nur an der Spitze seiner türkisen Partei stehen, sondern auch die ÖVP-Fraktion im Parlament führen. Grünen-Chef Walter Kogler wird mit einem Marionettenkanzler Alexander Schallenberg an den Fäden eines mächtigen Partei- und Fraktionschefs Kurz konfrontiert sein. Das hatte er sich vermutlich anders vorgestellt. Man darf gespannt sein, ob seine Partei dabei mitspielt."

"Neue Westfälische Zeitung" (Bielefeld):

"Sebastian Kurz als Scharfmacher und Populist wird weiter versuchen, mit seinem populistischen Kurs der Partei das Land zu verändern. Neukanzler Schallenberg hat als Außenminister klar gemacht, das ist nicht sein Weg. Bleibt also spannend, ob Österreich liberal und demokratisch bleibt, wie Nachbar Tschechien nach der Wahl vom Wochenende gerade wieder zu werden verspricht. Man könnte dann von einem schönen antipopulistischen Wochenende für Europa sprechen."

"Handelsblatt" (Düsseldorf):

"Vor allem in Deutschland hieß es immer wieder: So einen brauchen wir auch. Doch Kurz ist gescheitert. Die Flut an Chats, die die Staatsanwaltschaft derzeit auswertet, offenbart mutmaßlich strafbares Handeln durch die Verwendung von Steuergeldern für manipulierte Umfragen und erkaufte Jubelberichte in einem Boulevardblatt. Die Chats zeichnen aber auch das abstoßende Sittenbild einer Clique, die in ihrem unbedingten Machtwillen sogar einen Feldzug gegen die eigene Partei führte. Auch inhaltlich bleibt Kurz' Vermächtnis enttäuschend. Als Kanzler irrte er im Glauben, die FPÖ zähmen zu können. Die Koalition hielt nur anderthalb Jahre. Viele ihrer Reformen waren Stückwerk oder gesetzgeberisch ungenügend, sodass das Verfassungsgericht sie aufhob. Der zweite Versuch, mit den Grünen, stand ganz im Zeichen der Bekämpfung des Coronavirus, die eine weitere Schwäche des Kanzlers demonstrierte. Stets um die öffentliche Meinung bedacht, erklärte er die Pandemie mehrmals für beendet, während er die Verkündung von Lockdowns oder anderen Restriktionen anderen überließ. So entstand oft ein widersprüchliches Bild."

"Berliner Zeitung":

"Die jungen Männer aus der Kurz-Truppe haben im Machtrausch jedes Maß verloren. Sie haben ihre eignen Dolchstoßlegenden geglaubt und den Rechtsstaat und seine Unabhängigkeit unterschätzt. Ähnliches gilt übrigens für den früheren französischen Staatspräsidenten Nicola Sarkozy, der zu einer Haftstrafe wegen Unregelmäßigkeiten im Wahlkampf verurteilt wurde. Es ist ein beruhigendes Zeichen der Stabilität in Europa, dass noch nicht alle Bastionen geschliffen sind."

"Hamburger Abendblatt":

"Es ist ein Rücktritt mit Hintertüren, den Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz am Sonnabendabend vollzogen hat. Und eigentlich ist es kein Rücktritt. (...) In der zweiten Reihe, als Strippenzieher im Parlament, ist erst einmal der Druck raus. Und als bald werdender Vater sind ihm die nächsten Homestorys samt Baby und Fragen à la "Wie geht es Ihnen denn nach diesen schweren Zeiten?" im Boulevard sicher. So gesehen wirkt sein Manöver­abzug in die Parlamentspolitik kaum anders, als stehe da ein Bengel mit schokoladeverschmiertem Mund, der steif und fest behauptet, die Süßigkeit nicht geplündert zu haben, und dann die Schokobeute in seinen Hosentaschen unter Protest der Obhut eines Freundes übergibt - aber dennoch ungestraft davonkommt und letztlich vielleicht sogar Lob ernten wird."

"Nürnberger Nachrichten":

"Ein Strahlemann, der europaweit in konservativen Kreisen bewundert wurde: Das war Sebastian Kurz bis vor kurzem. (...) Der Charme des Jungkanzlers hat vieles übertüncht, die Zahl der Kurz-Fans ist trotz erster Ungereimtheiten eher gestiegen, auch Markus Söder zählte zu den stillen Bewunderern des ÖVP-Parteichefs. Gerne sonnten sich bürgerliche Politiker in seinem Glanz, viele Fotos zeugen davon. Bleibt zu hoffen, dass all diejenigen, die sich vom Erfolg haben blenden lassen, nun die Lehre aus Kurz' Sturz ziehen und künftig etwas genauer hinschauen, wem sie zujubeln. (...) Von der rüpelhaften Sprache, mit der Mitbewerber in zigtausenden SMS-Nachrichten abgekanzelt wurden ("Arsch") über das Ignorieren der parlamentarischen Grundregeln bis hin zu einer erstaunlichen Chuzpe, mit der Kurz unbequemen Fragen bis vor wenigen Tagen entgegengetreten ist: Das Schmierentheater in Wien sollte als Lehrstück für die Gefährdung von Demokratien in die Annalen eingehen. Wenn populistische Tendenzen, die gerade in konservativen Kreisen immer wieder zu beobachten sind, sich wie ein Virus ungeschützt verbreiten, droht am Ende, das System zu zerbrechen."

"Münchner Merkur":

"Auch für politische Wunderknaben gelten die Gesetze der politischen Schwerkraft. Sebastian Kurz, der österreichische Ikarus, ist der Sonne zu nahe gekommen und tief gestürzt ins Schattenreich der Wiener Politik. Die Vorwürfe, er und seine Helfer hätten sich früher mit Steuergeldern günstige Umfragen und lobende Presseberichte gekauft, sind selbst im Land der berühmten "Freunderlwirtschaft" so toxisch, dass nichts den Fall mehr aufhalten konnte, auch nicht die in reichem Maße vorhandenen politischen Erfolge. Auch in Berlin und München werden nun manche frohlocken, die sich lange über den erfolgreicheren und beliebteren Wiener Kollegen ärgern mussten. Kurz selbst aber muss jetzt hoffen, dass ihm seine Österreicher die schwere Jugendsünde noch einmal verzeihen. Dann ist auch ein Comeback nicht ausgeschlossen."

"Mitteldeutsche Zeitung" (Halle):

"Angetreten war Kurz mit Saubermann-Image und dem Versprechen einer neuen Politik für die gespaltene und skandalerschütterte Republik. Zwischenzeitlich war es ihm gelungen, bei Konservativen in ganz Europa die Sehnsucht nach smarten Gestalten wie einem Sebastian Kurz auszulösen. Nun offenbart sich, dass dieser ach so smarte junge österreichische Kanzler, der den festgefahrenen Karren der ÖVP scheinbar im Alleingang aus dem Dreck gezogen hatte, vor allem ein Illusionskünstler war. (...) Nach außen präsentierte er sich mit geschliffenen Manieren und einem unverbrauchten Politikstil. Nach innen waren für ihn offenbar auch Intrigen, Gehetze und vulgäre Beschimpfungen Mittel zum politischen Zweck. (...) Teile der CDU/CSU in Deutschland liebäugelten lange damit, auch ihren Reihen nach einem Sebastian Kurz zu fahnden, der charismatisch auf einen straffen konservativen Kurs steuert - der krasse Gegenentwurf zu Kanzlerin Angela Merkel. Auch wenn die Union noch nicht in einem so schlechten Zustand ist, wie die ÖVP Mitte des vergangenen Jahrzehnts, als sie Kurz handstreichartig zu seiner "Liste" machte, dürfte die Verzweiflung in CDU/CSU inzwischen groß genug sein, dass man sich gerne von einem Charismatiker verführen ließe. Die Lehre aus dem Fall Kurz muss aber lauten: Finger weg von vermeintlichen Heilsbringern."

"Neue Zürcher Zeitung":

"Kurz zeigte in seiner Erklärung am Samstagabend keine Einsicht und warf den Grünen vor, sich ungerechtfertigterweise gegen ihn gestellt zu haben. Er wird weiterhin die Partei und die Fraktion führen, und der künftige Kanzler Alexander Schallenberg ist ein enger Vertrauter. Kurz bleibt also vorläufig der Strippenzieher der Konservativen. Für die Grünen, welche die Korruptionsbekämpfung neben der Umweltpolitik zu ihrem zweiten Markenzeichen gemacht haben, bedeutet das eine Herausforderung. Trotzdem wirkt eine Rückkehr von Kurz in die Regierung oder gar an ihre Spitze, die er und seine Getreuen nun in Aussicht stellen, unrealistisch. Sollte Anklage erhoben werden, wird es Jahre dauern, bis die Vorwürfe gegen ihn geklärt sind. Und selbst wenn er die nächsten Wahlen für die ÖVP gewinnt, wird es ihm nicht gelingen, einen Koalitionspartner zu finden. Das haben die letzten Tage gezeigt. Kurz wird nicht mehr ins Bundeskanzleramt zurückkehren."

"Le Temps" (Genf):

"Das Wunderkind (deutsch im Original, Anm.) hat mit der Politik noch nicht abgeschlossen. Sein Image hat wirklichen Schaden genommen, weil im Rahmen der Ermittlungen zahlreiche SMS veröffentlicht wurden, die ein katastrophales Bild des jungen Strategen zeichnen. Deshalb hat er zaghaft "Fehler" eingeräumt. Aber wer die österreichischen Politik der vergangenen Jahre kennt, weiß, dass man Sebastian Kurz nicht zu schnell begraben sollte. (...) In den 20 Monaten der Regierung blieb er bei den Österreichern beliebt, auch in jüngster Zeit, als sich die Enthüllungen über Affären mehrten, in die mehrere Mitglieder der konservativen Partei verwickelt sind. (...) Die Zukunft des jungen Konservativen hängt vom Ausgang der laufenden Ermittlungen ab. Es gibt keinen Zweifel, dass er darauf hofft, entlastet zu werden, um seine Rückkehr zu planen. Ein weiteres Mal."

"Politiken" (Kopenhagen):

"In einem ist Sebastian Kurz gut gewesen: im Verführen. Er hat seine Wähler verführt. Er hat seine bürgerliche Regierungspartei ÖVP verführt. Und er hat europäische Politiker wie unsere Ministerpräsidentin Mette Frederiksen verführt, die in dem jungen Kanzler ein politisches Licht sahen, das bald mit den Rechten, bald mit den Grünen regierte. Alles für die Macht. Der Ex-Kanzler hat aber auch etwas anderes gezeigt: dass er besser im Verführen als im Anführen ist. Das endete am Samstagabend, als sich Kurz unter Druck vom Kanzlerposten zurückzog. Weil die Skandale anfingen, an ihm und dem System um ihn herum, dem "House of Kurz", haften zu bleiben. Es ist also nicht nur Sebastian Kurz, bei dem etwas falsch ist, sondern das "System Kurz". Mette Frederiksen sollte bessere Freunde in der EU finden."

"Guardian" (London):

"Die maroden europäischen Mitte-Rechts-Parteien müssen nun schon den Abschied des zweiten hochrangigen konservativen Anführers innerhalb nur eines Monats betrauern (...) Nur Wochen, nachdem die deutsche Schwesterpartei es nicht geschafft hat, die von der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel hinterlassene Lücke zu füllen. Die Unterstützer des österreichischen Anführers, der lange Zeit als der aggressivere konservative "Anti-Merkel" gelobt wurde, hoffen darauf, dass er als Partei- und Fraktionschef weiter die Fäden ziehen wird können. (...) Als die CDU nach der schmerzvollen Wahlniederlage ihre Wunden leckte, sahen mehrere Stimmen Kurz als Vorbild für die Erneuerung der Partei. (...) Nach den Ereignissen der vergangenen Woche werden solche Rufe wohl seltener zu hören sein."

Dnevnik (Ljubljana):

"Die Grünen haben sich - aus dem Wunsch heraus, ihre sozialen und ökologischen Projekte in der Koalition fortzuführen - als entscheidender Faktor für das Überleben der Herrschaft der Volkspartei erwiesen. Indem sie rasch Schallenberg zustimmten, blieb der ÖVP bei der geplanten Sondersitzung zum Misstrauensvotum eine langfristig politisch weitaus schädlichere Konfrontation zwischen Kurz und der Opposition erspart. Bis zum nächsten Urnengang können auch die Grünen aufatmen, die ihr besseres Ergebnis bei der letzten Wahl auch ihrem Eintreten für eine 'saubere Politik' zu verdanken haben. Bei dem Misstrauensvotum hätten sie schließlich Farbe bekennen müssen, Kurz stürzen und riskieren, in der nächsten Drei- bis Viererkoalition noch weniger politischen Einfluss zu haben als jetzt. Wie sich ihr Zusammenleben mit der Volkspartei nach dem Einzug von Kurz als Klubobmann ins Parlament gestalten wird, ist völlig offen. Denn Kurz, der als zutiefst nachtragend gilt, wird noch mindestens ein Jahr lang, solange die Untersuchung der angeblichen Unregelmäßigkeiten dauern könnte, hinter den Kulissen politischen Einfluss in der Partei und damit in der Koalition behalten."

"Vecer" (Maribor):

"Kurz rettet das Land vor einem Kurzschluss, den er selbst verschuldet hat. Das Spiel ist aber tiefgründiger. In Wirklichkeit stellt sich Kurz vor, dass er davonkommen kann. Denn er kehrt ins Parlament zurück, bleibt Parteivorsitzende und Klubobmann. Als Bundeskanzler hat man keine Immunität, aber als Abgeordneter bekommt er sie, obwohl die ÖVP behauptet, dass sie ihm entzogen wird. (...) Die Kritiker bemerken, dass Kurz versucht, ein Schattenkanzler zu bleiben, da sein vorgeschlagener Nachfolger Alexander Schallenberg sein Intimus ist. Sie kommen zu dem Schluss, dass er lediglich zur Seite getreten ist, um zurückzukehren, wenn die ÖVP das Justizministerium übernimmt. Bis dahin muss eine unabhängige Untersuchung hinausgezögert werden, was einfacher ist, wenn man Abgeordneter ist. Wir werden sehen. Trotzdem bleibt der Rücktritt des Bundeskanzlers unter der Last der Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft etwas, wovon man auf dem Balkan, auch in Slowenien, nur träumen kann."

"El Mundo" (Madrid):

"Für die Spanier ist es ein Novum zu sehen, wie strenge journalistische Recherchen bei Politikern dazu führen können, dass diese Verantwortung übernehmen und Konsequenzen ziehen. Dies war der Fall beim bisherigen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich zum Rücktritt gezwungen sah, nachdem ein Fall von mutmaßlicher Korruption aufgedeckt worden war und er von den Grünen, dem Regierungspartner, in die Enge getrieben wurde. Die hatten ihn vor die Alternative gestellt: Rücktritt oder Misstrauensantrag (...) Der Vergleich mit Spanien ist empörend. Hier in unserem Land lassen die politischen Skandale der Regierung diese nicht einmal erröten. Und ihre Koalitionspartner, die weit davon entfernt sind, ein Exempel statuieren zu wollen, schauen einfach weg, um ihren Anteil an der Macht und ihre eigenen privaten Vorteile zu sichern."

(APA/dpa)

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