Der Markt verzeichnet eine steigende Investorennachfrage, niedrige Leerstände und fallende Renditen.
Drei Top-Gewerbeobjekte im Großraum Wien wechselten kürzlich den Besitzer. Verkauft wurde von Bena Hubs ein Portfolio über eine Fläche von 32.100 Quadratmetern, die zu 51 Prozent auf Logistik- und zu 42 Prozent auf Büroflächen entfallen. Als Käufer trat der erst 2020 aufgelegte Swiss Life Real Estate Funds - ESG European Industrial & Logistics auf. Der Spezialfonds der Swiss Life Asset Managers fokussiert auf europäische Industrie- und Logistikobjekte. "Der Verkauf dieses Portfolios zeigt deutlich, wie attraktiv der österreichische Gewerbeimmobilienmarkt auch für internationale Investoren ist", sagt Markus Mendel, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting, die für die Vermittlung des Deals verantwortlich zeichnete.
D-A-CH-Raum im Fokus
Die Transaktion im Großraum Wien steht stellvertretend für die jüngste Entwicklung im Logistiksegment, das laut einhelliger Expertenmeinung als eindeutiger Gewinner aus der Coronakrise hervorgeht. "Logistik ist die einzige Assetklasse, in der 2020 das Transaktionsvolumen des Vorjahres übertroffen wurde", sagt Andreas Ridder, Managing Director CBRE Österreich & CEE. Die Nachfrage nach Logistikflächen ist nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland und der Schweiz hoch, der Leerstand niedrig, die Renditen fallend. Unterschiede zwischen den drei deutschsprachigen Ländern sind laut CBRE im Detail auszumachen. So sei in Österreich und in der Schweiz der institutionelle Logistikmarkt noch in der Entwicklungsphase. Beide Märkte sind von einer hohen Eigennutzerquote geprägt. Allerdings drängen - in der Schweiz seit rund fünf, in Österreich seit zwei Jahren - sowohl Immobilienentwickler als auch institutionelle internationale Investoren in den Markt. Ein deutsches Spezifikum ist wiederum die steigende Nachfrage nach Light-Industrial- und Unternehmensimmobilien.
Einen wesentlichen Beitrag zum Logistikboom leistet der permanent gestiegene Onlinehandel. Einen zahlenmäßigen Beleg dafür liefert beispielsweise die Österreichische Post, die laut statista.com im Jahr 2020 ein Rekordvolumen von 165 Millionen Paketen und damit rund 30 Prozent mehr als 2019 abgewickelt hat. Die Nachfrage nach passenden Immobilien wird zudem von steigenden Lagerbeständen nach oben getrieben. Einen möglichen Indikator dafür liefert der EMI (UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex), der im April 2021 mit 64,7 Prozent auf den höchsten Wert seit Indexbeginn angestiegen ist. Als weiterer Treiber gilt die Neuverteilung von Produktionsstandorten an sich. "Neue Produktionsstätten und damit auch einhergehend verkürzte Lieferwege können durchaus mit steigenden Lagerbeständen korrelieren und sind somit miteinander verwoben", sagt Remax-Commercial-Partner Stefan Krejci - und fügt an: "Entscheidend wird die Frage sein, wie sich der politische Wunsch nach Versorgungssicherheit und gestärkten nationalen oder europäischen Produktionsketten mit dem ebenfalls starken Bedürfnis nach effizienter Flächennutzung und reduzierter Bodenversiegelung verhalten wird." Dies könne zu einer verstärkten Umnutzung bestehender Liegenschaften führen. Für 2021 erwartet Krejci jedenfalls einen deutlichen Nachfrageüberhang bei Logistikimmobilien: "Wir gehen davon aus, dass sich die Spitzenrenditen, die im Vorjahr noch bei fünf Prozent lagen, weiter in Richtung vier Prozent und möglicherweise sogar darunter orientieren werden."
Renditen unter Druck
Auch bei Catella Research geht man davon aus, dass die hohe Investorennachfrage die Renditen von Logistikimmobilien in Deutschland und Österreich sinken lässt. In den kommenden fünf Jahren wird mit einem zusätzlichen Logistikflächenbedarf von rund vier Millionen Quadratmetern in Deutschland und Österreich gerechnet, der allein dem boomenden Onlinehandel zugeschrieben wird. Thomas Beyerle, Head of Research bei Catella Group, erläutert: "Investoren sind sich der Entwicklung auf dem Logistikimmobilienmarkt bewusst. Logistikimmobilien haben nochmals eine enorme Nachfragesteigerung erfahren, die von einer korrespondierenden Preisrallye und einer anhaltenden Renditekompression begleitet wird."
Peter Salostowitz vom deutschen Beratungsunternehmen IndustrialPort Real Estate kommentiert: "Diese Ergebnisse verdeutlichen die zunehmende Notwendigkeit einer genauen Auseinandersetzung mit dem Standort bezüglich aktueller und zukünftiger Nutzung und der daraus resultierenden Mietentwicklung sowie den Möglichkeiten der Anschlussvermietung."