Die umstrittene Pensionsreform passiert im Senat eine wichtige Hürde. Die Streiks werden unterdessen fortgesetzt.
Die französischen Gewerkschaften lassen im erbitterten Machtkampf um die unpopuläre Pensionsreform nicht locker: Obwohl das umstrittene Vorhaben von Präsident Nicolas Sarkozy im Senat eine der wichtigsten Hürden genommen hat, werden die Streiks fortgesetzt. In allen zwölf Ölraffinerien des Landes ruhe die Arbeit, teilte ein Gewerkschaftsvertreter am Samstag mit. Nach tagelangen Versorgungsengpässen an den Tankstellen bemühten sich Sarkozys Minister, die Bevölkerung am ersten Tag der Herbstferien zu beruhigen. Die Tankstellen an den Autobahnen verfügten über ausreichend Treibstoff, sagte Verkehrsminister Dominique Bussereau im französischen Rundfunk. Er räumte aber ein, dass Sprit andernorts weiter knapp sei.
In Teilen West- und Ostfrankreichs seien 35 Prozent der Tankstellen leer, sagte Bussereau dem Sender Europe 1. Es würden aber immer mehr Tankstellen mit Treibstoff versorgt, betonte der Verkehrsminister. Er forderte die Autofahrer auf, es mit dem Tanken nicht zu übertreiben.
Umweltminister Jean-Louis Borloo erklärte am Samstag im Hinblick auf den Treibstoffmangel, die Lage habe sich bereits entspannt. Dennoch könne es eine Weile dauern, bis sie sich normalisiert habe. "Es gibt eine langsame, aber tatsächliche Verbesserung", sagte Borloo auf einer Pressekonferenz.
Auch die Staatsbahn SNCF meldete pünktlich zum Ferienbeginn eine Verbesserung der Lage: Acht von zehn Hochgeschwindigkeitszügen seien wie geplant im Einsatz, um die Urlauber an ihre Ziele zu bringen. Die Streiks hatten zuletzt zu Ausfällen von bis zur Hälfte der Verbindungen geführt. Die SNCF räumte allerdings ein, dass in großen Teilen des übrigen Bahnverkehrs weiterhin nur 50 bis 60 Prozent der fahrplanmäßigen Züge führen.
Sarkozy will das Pensionsantrittsalter von 60 auf 62 Jahre anheben, um einen Kollaps der Pensionskasse abzuwenden. Er hat sich entschlossen gezeigt, das Vorhaben trotz der massiven Proteste durchzusetzen. Die Nationalversammlung hatte das umstrittene Gesetz bereits im September gebilligt. Am Freitag segnete es der Senat in einem beschleunigten Verfahren ab. Die endgültige Annahme durch einen Ausschuss beider Kammern und durch die Regierung wird für kommende Woche erwartet. Die Gewerkschaften haben für Donnerstag sowie für den 6. November zu neuen Protesten aufgerufen.
Einer aktuellen Umfrage zufolge wünschen sich 56 Prozent der Franzosen, dass die Proteste nach der endgültigen Verabschiedung der Reform durch die beiden Parlamentskammern enden. Die Streiks in den Raffinerien und im öffentlichen Nahverkehr haben nicht nur das öffentliche Leben seit fast zwei Wochen massiv gestört. Sie fordern auch von der ohnehin angeschlagenen französischen Wirtschaft einen großen Tribut.
(APA)