Wiener Ansichten

Friedrichstraße: Botticelli und das allzu Menschliche

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Darf's ein bisserl mehr Genuss sein? Von der Wärme in der Kälte Wiener Geschäftsportale.

Wer hätte das gedacht? In Zeiten, denen man allenthalben Kälte, Härte, kurz Unmenschlichkeit attestiert, ein so warmes, weiches Bekenntnis zum Menschlichen in seiner ureigensten Erscheinungsform – der seiner Anfechtbarkeit! „Auch nur ein Mensch“ zu sein: Wo solch Eingeständnis, wie kürzlich geschehen, von spitzester Regierungsspitze tönt, da darf vielleicht auch meinereins in seiner Schwäche auf Vergebung hoffen.

So sei frisch bekannt, welch dunkle Begierde mich in meinem Innersten bewegt.

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Die Rede ist von jener mir eigenen Naschhaftigkeit, die schon das Kind in das Zuckerlgeschäft nächst der Schule getrieben hat, wie sie den längst Herangewachsenen heute mitunter einschlägige Etablissements zu besuchen drängt. Das bevorzugt da, wo schon die Form des Entrees von der Süße des verkauften Inhalts kündet: ein Portal als Stück Konfekt fürs Stadtbild, das sonst gerade in der Gestaltung von Auslagen und Geschäftseingängen eher von Qual denn von Genüssen kündet. Wer wollte sohin widerstehen, wenn sich zwischen all diese abweisenden Design-Etüden aus Metall, Stein und sehr viel Glas ein wenig Farbe und Esprit, vielleicht ein Hauch von Kitsch und also Leben zwängt?
Kürzlich war es wieder so weit, dass den arglos auf dem Radweg die Friedrichstraße passierenden Redakteur der schmale Eingang einer Confiserie erst zum Halten, dann zum Einkauf nötigte. Was sonst wäre schließlich zu erwarten, wo Botticellis Göttin Venus aufgeboten ist, zum Eintritt zu verführen? Auch ein Redakteur ist schließlich – eben – nur ein Mensch . . .

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