Absichern

Im Vorfeld die Hausaufgaben erledigen

(c) Guenther Peroutka
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Immer mehr Unternehmen setzen auf Export. Die Coface-Expertinnen Dagmar Koch und Christiane von Berg sprachen über die Chancen und Risiken im Post-Corona-Zeitalter.

Einen Höhepunkt der Mittelstandstagung bildete das Gespräch von Moderatorin Eva Komarek mit den Expertinnen des Kreditversicherers Coface. „Neue Chancen im Post-Corona-Zeitalter“, lautete der Titel des Interviews, bei dem Christiane von Berg, Regional Economist Northern Europe bei Coface und Dagmar Koch, Country-Managerin und Leiterin von Coface Österreich, den Markt vor allem für Unternehmer beleuchteten, die den Export ins Ausland wagen wollen.

Österreich ist bekanntlich ein Exportland. Für viele wachsende Firmen ist der nationale Markt rasch zu klein. Es liegt auf der Hand, dass man seine Geschäftstätigkeiten auch auf das Ausland ausweiten möchte. Speziell Krisen bieten Chancen, bestehende Geschäftsmodelle zu überdenken und neue Märkte zu erschließen. Aber in welche Länder sollte man exportieren, bzw. vor welchen Staaten wird eher abgeraten? „Europa als erste Adresse ist empfehlenswert, weil es sich um einen vergleichsweise sicheren Kontinent für Exportgeschäfte handelt“, sagte Christiane von Berg. Abseits von Europa empfiehlt die Ökonomin den US-amerikanischen und kanadischen Markt. In Südamerika ist Chile ein guter Boden. In Asien-Pazifik liegen Taiwan, Südkorea und Australien und Neuseeland ganz weit vorne. „Im Nahen und Mittleren Osten ist Israel bei uns gut angesehen.“
Afrika sei hingegen ein schwieriges Pflaster. Botswana wäre hier der Geheimtipp.

Die Durchimpfungsrate spielt momentan eine sehr große Rolle. „Wer im Impfprozess weit fortgeschritten ist, braucht nicht so viele Regularien und das belebt die wirtschaftliche Situation.“ Neben der Länderwertung ist auch interessant, welche Branchen im Exportgeschäft derzeit gut unterwegs sind. „Pharma und Chemie sind hier an der Spitze, gefolgt von Information and Communications Technology, ICT.“ Bei vielen Branchen, die normalerweise im Exportgeschäft sehr erfolgreich sind, machen derzeit Liefer- und Materialengpässe Probleme. Dagmar Koch fügte hinzu, dass es neben einer Branchenbewertung wichtig ist, sich jedes Unternehmen einzeln unter der Lupe anzusehen, um ein ganzheitliches Bild zu entwickeln.

Neue & alte Herausforderungen

Mit der Coronapandemie veränderten sich die Herausforderungen. „Vor der Pandemie waren es eher Absatzprobleme. Nun ist das Thema der Ressourcenknappheit die Nummer 1“, sagte Koch. Unterbrochene Logistikketten und hohe Rohstoffpreise machen den Unternehmen zu schaffen. Koch, die unentwegt mit vielen Unternehmen aus den unterschiedlichen Branchen in Gesprächen steht, beobachtet, dass in der Industrie die Erwartungshaltung gegeben ist, dass die Rohstoffpreise hoch bleiben. Neben dem starken Wettbewerb, der derzeit um Ressourcen herrscht, da es eine globale Konjunkturbelebung gibt, verknappen Wetterphänomene wie Überschwemmungen, Waldbrände und Wirbelstürme den Markt. Diese sind wiederum nicht zu prognostizieren.

Zurück zu den Herausforderungen der Unternehmer: „Geblieben ist der Arbeitskräftemangel. Dieses Problem hat sich durch die Krise sogar noch verschärft“, meinte Koch. Unter anderem, weil sich viele Menschen umschulen ließen. Etwa in der Transport-, Logistik- oder Tourismusbranche, die in den Lockdowns stillstanden. Ein weiteres Problem: Dass nach den Lockdowns viele Betriebe gleichzeitig öffneten und alle gleichzeitig Arbeitskräfte suchten.

Neue Märkte erschließen

Auf Unternehmen, die sich zum Ziel setzen, neue Märkte zu erschließen, kommen nochmals andere Herausforderungen zu. Koch empfiehlt Unternehmern, eine Marktanalyse zu machen und sich gut vorzubereiten. Es sind fünf Punkte, die unbedingt im Vorfeld zu klären sind:

  1. Braucht man das jeweilige Produkt oder die Dienstleistung in dem neuen Markt? Passen Kundenschicht und Kaufkraft?
  2. Man sollte die Spezifika des Marktes betrachten. Beginnend von der rechtlichen Situation, über Logistik und Infrastruktur bis hin zur Berücksichtigung der Sprache.
  3. Ist die Finanzierung gesichert? Es gibt viele Modelle und Förderungen, die Unternehmen beim Schritt ins Ausland unterstützen.
  4. Es braucht eine Markteintrittsstrategie. Man muss sich die Frage stellen, wie man in den neuen Markt gehen will - zum Beispiel über Kooperationspartner vor Ort oder Unternehmensübernahme. Oder reichen digitale Kanäle, wenn man zum Beispiel nur über E-Commerce über die Grenzen geht.
  5. Unerlässlich ist eine Konkurrenzanalyse.

In vielen dieser Punkte kann Coface tatkräftig unterstützen. Der Kreditversicherer ist weltweit unterwegs. Koch hob vor allem die neue Plattform iCON hervor, die es Unternehmern erlaubt, auf Erfahrungswerte von Coface mit anderen Unternehmen zurückzugreifen. Auch vor Ort bietet Coface Unterstützung. In allen Ländern, in denen der Kreditversicherer tätig ist, gibt es Niederlassungen oder Partnernetzwerke, die expandierenden Unternehmern mit Ortskenntnissen und Expertise unter die Arme greifen.

Absicherungs-Möglichkeiten

(c) Guenther Peroutka

Im B2B-Bereich bietet Coface zwei große Produkte: Die Einzel- und die Global-Absicherung. „Bei der Global-Absicherung sind alle Abnehmer und das gesamte Portfolio abgesichert“, erklärte Koch. „Es gibt aber auch Unternehmen, wie vorwiegend im Projektgeschäft tätig sind, wo es teilweise größere Einzelrisiken und längere Laufzeiten gibt. Hier ist die Einzelabsicherung auf das jeweilige Projekt zugeschnitten möglich.“Für wen ist eine Kreditversicherung sinnvoll? „Branchenunabhängig überall dort, wo ein Exportunternehmen seine Partner nicht gut genug kennt, aber zum Beispiel gezwungen ist, auf Ziel zu liefern“, lautet die generelle Antwort von Dagmar Koch.

Die einzelnen Länder haben unterschiedliche Risikoniveaus. Anhand einer eigenen Länderrisikolandkarte lässt sich die Risikobewertung ablesen. Österreich ist darauf übrigens eines der am besten bewerteten Nationen. Coface analysiert das Risiko im Quartalsturnus in 162 Ländern und einmal im Jahr in zusätzlich vielen weiteren Kleinstvolkswirtschaften. „Dies führt dazu, dass wir eine Risikoabdeckung in etwas weniger als 200 Volkswirtschaften leisten können. Weil es entweder einen militärischen Konflikt gibt oder ein Land auf der US-Sanktionsliste steht“, sagte Christiane von Berg.

Auch die drohende Insolvenzwelle kam in dem Gespräch zur Sprache. „Wenn alle staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ausgelaufen sind, wird es zu einem Anstieg der Insolvenzen kommen“, sagte von Berg klipp und klar, fügte aber auch hinzu: „Wir rechnen mit keiner Welle. Die Einschläge werden in einzelnen Gruppen auftreten.“ Die Anzahl der Insolvenzfälle sei ohnehin nachrangig. Wesentlich wichtiger sei, wen es trifft. Bei der reinen Zahlenstatistik werden große und kleine Unternehmen nicht auseinanderdividiert. „Entscheidend für den wirtschaftlichen Impact ist, welches Unternehmen umfällt und nicht unbedingt, wie viele umfallen.“ Hierbei hat sich gezeigt, dass der Schaden in Europa bereits im Jahr 2020 hoch war und 2021 noch weiter steigen dürfte.

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